Warum es trotz der Änderungen richtig ist, gegen die Bolkestein-Richtlinie zu demonstrieren, erklärt Stephan Lindner vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac.
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Der SPD-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament Schulz behauptet, dass die Bolkestein-Richtlinie so weit umgeschrieben wurde, dass aus der neoliberalen Attacke geradezu ein Schutzdach für das europäische Sozialmodell geworden ist. Sollten wir die Demos jetzt absagen?
Nein, sie sind genau so notwendig wie eh und je. Die Änderungen sind nicht ausreichend. Die Gründe, warum Attac zu den Demos gegen die Richtlinie aufruft, sind geblieben.
Die ganze Richtlinie geht in die falsche Richtung. Wir haben schon in den letzten Jahren erlebt, dass Unternehmen die großen wirtschaftlichen Unterschiede in der EU ausgenutzt haben, um soziale Standards zu senken.
Was wären die Folgen der Bolkestein-Richtlinie?
Erstens Dumping in alle Bereichen: Löhne, Sozialleistungen, Umweltschutz, Verbraucherschutz und so weiter. Zweitens eine Verschärfung der Privatisierung von bisher öffentlichen Dienstleistungen.
Die Richtlinie setzt erstens die Bedingungen für Unternehmen herab, um sich in einem bestimmten EU-Staat anzusiedeln. Zweitens führt sie das Herkunftslandsprinzip ein. Beides erleichtert es Unternehmern, Dienstleistungen mit niedrigen sozialen Standards anzubieten.
Was tut Attac dagegen?
Wir machen heftig Rabatz, um die Öffentlichkeit aufzuklären. Wir machen dutzende Veranstaltungen, mobilisieren zur Demo am 11. Februar in Straßburg und unterstützen die Demos der Gewerkschaften am 11. in Berlin und am 14. in Straßburg.
Du hast an anderer Stelle geschrieben, es reiche nicht, die Richtlinie zu verhindern. Warum?
Wir erleben jetzt schon einen ständigen Druck auf soziale Standards. Unternehmen können zum Beispiel EU-Mitgliedsländer verklagen, wenn sie dort bestimmte Vorschriften einhalten müssen, die sie in anderen Ländern nicht einzuhalten brauchen.
Wir müssen dagegen Druck machen, um einmal erkämpfte Standards einzuhalten und neue zu schaffen. Zum Beispiel zahlen in Europa alle Hafendienstleister in einen Pool ein, aus dem Hafenarbeiter versorgt werden, zum Beispiel wenn sie keine Arbeit haben. Das wollen wir auf andere Bereiche ausweiten. In Luxemburg gibt es einen Mindestlohn von über 1400 Euro. Den möchten wir europaweit durchsetzen.
Die Fragen stellte Jan Maas.
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