Die großen Demonstrationen gegen die Bolkestein-Richtlinie in Berlin und Straßburg haben die Politiker dazu gebracht, sie abzumildern. Der Entwurf der Richtlinie beinhaltete unter anderem die Einführung des Herkunftslandprinzips.
Dieses erlaubt allen Dienstleistungsunternehmen, in der gesamten EU die Löhne zu zahlen und die sozialen Standards einzuhalten, die in ihrem Herkunftsland vorgeschrieben sind. Das hätte zu einem Wettlauf der EU-Staaten um die niedrigsten Löhne und schlechtesten Standards geführt.
Dieses Prinzip ist jetzt nur eingeschränkt gültig. Außerdem sind einige wichtige Dienstleistungen, wie die öffentliche Gesundheitsversorgung, von der Richtlinie vollständig ausgenommen.
Ohne die großen Proteste der Gewerkschaften schon letztes Jahr in Brüssel und jetzt in Berlin und Straßburg hätte das EU-Parlament die Richtlinie ohne Änderungen beschlossen. Die erzielten Verbesserungen sind ein großer Erfolg der außerparlamentarischen sozialen Bewegungen.
Trotzdem ist es nötig, weiter gegen Bolkestein zu kämpfen. Denn die veränderte Richtlinie überlässt zum Beispiel viele Entscheidungen über Löhne und soziale Standards dem Europäischen Gerichtshof, der bisher oft im Sinne des Herkunftslandprinzips entschieden hat. Verbraucherschutz und Sozialpolitik werden auch in der veränderten Fassung dem Herkunftslandprinzip unterworfen.
Die Regierungen wollen außerdem immer noch einen EU-weiten Dienstleistungsmarkt einführen. Der rechte EU-Abgeordnete Harbour sagte: Die Dienstleistungsrichtlinie wird die Lissabon-Strategie vorantreiben, um die EU wettbewerbsfähiger zu machen.
In Lissabon beschlossen die Regierungen 2000, die EU zum größten Binnenmarkt der Welt zu machen und so die USA zu überholen. Dafür wollen die EU-Regierungen Löhne und Sozialabgaben in den nächsten Jahren um 30 Prozent senken.
Daher haben unter anderem das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die IG BAU angekündigt, weiter gegen die Richtlinie und ihre Verabschiedung in den einzelnen EU-Staaten zu protestieren.
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