Helge Meves von der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit schreibt in einem Gastkommentar über die Europawahl und den Aufbau einer politischen Alternative.
Über der Schröder-Regierung läuten die Totenglocken. Bei der Europawahl verlor die SPD zwei Drittel ihrer Wähler. Arbeiter und Arbeitslose wenden sich von der Sozialdemokratie ab. Die Partei verliert nicht an den Rändern, sie zerfällt im Kern. Das ist die Quittung für den Sozialabbau der Agenda 2010, für die Riestersche Rentenreform, für eine Steuerreform, die Deutschland zum Steuerparadies für Konzerne gemacht hat. Und das ist die Quittung für die Verabschiedung vom Sozialstaat und von den Gewerkschaften, den die SPD spätestens vor fünf Jahren mit dem Schröder-Blair-Papier vollzogen hat.
Die CDU ist gegen die SPD Wahlsieger geworden und konnte rund 830.000 Wähler von den früheren Sozialdemokraten gewinnen. Die Hauptbewegung bei der Wahl war aber nicht nach rechts, sondern von den Wahlurnen weg. Sicher, nur 21,5 Prozent wählten die SPD und 11 Millionen ihrer Wähler blieben zu Hause. Aber 54,5 Prozent der Wähler gingen gar nicht zur Wahl.
Millionen sind enttäuscht von der SPD fort gegangen, aber nur 200.000 haben sich der PDS zugewandt. Die PDS ist bundespolitisch immer noch bedeutungslos. Die PDS erreichte über 6 Prozent – aber nicht diese frustrierten ehemaligen Wähler. Ein Grund ist die mangelnde Glaubwürdigkeit der PDS. Zwar hat die PDS die Agenda Sozial vorgestellt, die viele gute Ideen und Ansätze enthält. Doch was nützt die allerschönste Speisekarte, wenn es die schönen Speisen nicht gibt, wo die PDS mitkocht? Oder wenn man statt eines bestellten und bezahlten Menüs eine Tube Anchovispaste vorgesetzt bekommt. Und der Kellner dazu erklärt, dass man froh sein soll, dass diese Tube nicht halb ausgedrückt wäre und überhaupt wäre das doch alles besser als nichts. Nein, so kann man nicht Politik machen, und schon gar nicht Sozialpolitik.
Nicht erst seit den Europawahlen ist klar: Die Frage ist nicht, ob die Regierung Schröder fällt. Sondern die Frage ist nur noch, wann sie sich ihre Niederlage bei der Bundestagswahl abholt und ob diese Wahl 2006 oder schon früher ist. Für uns steht darum die Frage, ob die Millionen Menschen, die sich enttäuscht von der Sozialdemokratie abwenden, bis zu den nächsten Wahlen eine soziale politische Alternative vorfinden.
Darum benötigen wir eine wahlpolitische Alternative. Eine Kraft, die gegen die Zerstörung des Sozialstaates und die Selbstbedienungsmentalität der Mächtigen kämpft. Eine Kraft, die Hand in Hand mit den Gewerkschaften und sozialen Bewegungen arbeitet.
Darum arbeiten wir für eine Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Wir möchten eine neue soziale Kraft schaffen, die glaubwürdig die Interessen der Menschen vertritt. Seit wir vor drei Monaten mit unserem Projekt an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben wir eine überwältigende Unterstützung erfahren. Tausende von Menschen haben auf Veranstaltungen überall im Land über das Projekt einer linken Alternative zu Schröder diskutiert. Die Veranstaltungen haben ganz unterschiedliche Menschen zusammengebracht: Alte Sozialdemokraten, gestandenen Gewerkschafter, Aktivisten aus den sozialen Bewegungen, Globalisierungskritiker, sozial engagierte Menschen aus dem christlichen Umfeld und frühere oder aktuelle Mitglieder von den Grünen und der PDS. Das gefällt und bestärkt uns: Die neue politische Kraft kann Menschen mit den unterschiedlichsten Erfahrungen und Meinungen zusammenführen.
Es geht nicht um eine neue Linkspartei zwischen SPD und PDS oder links von der PDS, sondern um etwas Neues, Breiteres und Ehrliches. Wir wollen keine Partei alten Typs aufmachen. Unser Ziel ist eine breit angelegte Sammlungsbewegung. Die Gretchenfrage lautet Neoliberalismus oder nicht. Wir sind gegen neoliberal bestimmte Politik und für eine soziale Alternative.
Wir haben Konzepte für soziale Alternativen. Aber wir wissen auch, dass diese Konzepte von allen Fraktionen im Bundestag abgelehnt werden. Genauso wie diese Parteien Gewerkschafter als reformfeindliche Besitzstandswahrer beschimpfen, weil sie gegen die 42-Stunden-Woche sind. Genauso, wie sie christliche Entwicklungshelfer als antikapitalistische Romantiker lächerlich machen, weil die das Leid der Wirtschaftspolitik in der Welt anklagen. Und genauso, wie diese Politiker jede Forderung nach einer neuen Kita oder Geld für einen öffentlichen Sportplatz als sozialistische Spinnereien madig machen.
Darum wollen und können wir für diese sozialen Alternativen nur in der Opposition streiten. Die Menschen in diesem Land haben eine Opposition verdient, die die sozialen Kämpfe in den Betrieben, in den Kommunen oder in der globalisierungskritischen Bewegung vom Bundestag aus unterstützt.
Der erste Kongress der Wahlalternative am 20. Juni in Berlin war ein gelungener Startschuss für diese wahlpolitische Alternative. 700 Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet haben solidarisch und offen miteinander diskutiert. Wir sind entschlossen, im Herbst den Grundstein für eine neue politische Kraft zu legen. Jeder ist herzlich eingeladen, dabei mitzuwirken.
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