Nehmt dies als Warnung…

Die Hamburger Band Die Sterne haucht mit ihrem gerade erschienenen Album der politischen Rockmusik neues Leben ein.


Die Sterne: Das Weltall ist zu weit
V2 Records, 2004

„Wir werden leider das Gefühl nicht los, das irgendwas nicht stimmt“ – mit diesen Zeilen beginnt „Was ist hier los“, das erste Stück auf „Das Weltall ist zu weit“, der neuen Platte der Sterne. Das Lied ist ein Weckruf und entsprechend poltert es aus den Boxen.
Mit dem Schluss knapp zwei Minuten später ist schon der Ton für das folgende Album gesetzt: „Wessen Interessen das Dasein bestimmen, das wollen wir wissen, vor allen Dingen.“ Die Sterne haben eine politische Platte gemacht – eine die Fragen stellt, nach Antworten sucht und bewusst allen Mut macht, die das auch tun.
Wie auf ihren ersten sechs Alben zeigen sich die vier Hamburger musikalisch vielseitig. Sie bedienen sich bei Soul, Funk und HipHop ebenso wie bei der Rockmusik.
Typisch für den Sound der Sterne ist zum Beispiel der Song „Sie werden dafür bezahlt“. Gitarre, Bass, Orgel und Schlagzeug verschmelzen zu einem tanzbaren Rhythmus, der aus den 70ern kommen könnte. Dazu singt Frank Spilker, der alle Texte geschrieben hat, gegen all jene an, welche die Idee verbreiten, die Welt sei nicht zu ändern.
Im Titelsong erzählt Spilker von „seiner Generation“. Spilker ist Ende 30, aber er spricht für viele, viele andere über diese Generation hinaus. Er träumt, dass er jemanden trifft, der für die Situation verantwortlich ist, die für viele den Verlust des Jobs oder Perspektivlosigkeit bedeutet.
Ihr kommt zu spät, lautet die Antwort des Namenlosen. „Das Weltall ist zu weit, und der Rest ist schon verteilt.“ Melancholische Keyboardfiguren tragen das Stück.
In dem harten und kantigen Song „Hier ist mein Standpunkt“ hebt Spilker die Einsamkeit des frustrierten und zugleich wütenden Einzelnen auf. Er lässt eine Verbindung mit den vielen anderen entstehen, denen es genauso geht. „Mir und den Nachbarn fällt da was auf: Wir sind nicht alle nur Scheiße drauf. Wir werden betrogen, und zwar mit System, um uns die Würde auch noch zu nehmen.“
Immer weniger Menschen sind bereit, das hinzunehmen. Das wissen auch die Sterne. „Hier kommt die Kaltfront“ beschreibt sehr schön, wie sich die Stimmung verändert hat. „Es war so lau, es war so öde.“ Träge plätschert das elektrische Piano vor sich hin. Doch dann kommt der Refrain, erfrischend wie die Kaltfront, die das Alte hinweg wäscht.
Mit „Wir sind wie du“ ist den Sternen ein Meisterstück gelungen. Es ist eines der schönsten Stücke der Sterne überhaupt, ein Lied, das zu Tränen rühren kann. Dazu tragen vor allem die Keyboards und der Chor bei, der Spilkers fast gesprochenen Text einrahmt.
Wieder geht es um das Verhältnis des Einzelnen zu den Vielen. „Wir“, die Mehrheit, stehen auf der einen Seite; uns gegenüber „sie“, die Herrschenden. „Wir sind der Morgen. Wir sind die Möglichkeit, die Welt zu erschaffen. Das was wir wollen, ist ein besseres Leben.“ Vor allem: „Wir sind wie du.“
Dieses Album spricht allen aus dem Herzen, die sich zutiefst nach einem „besseren Leben“ sehnen. Noch nie waren die Sterne so direkt und offen politisch. Sie treffen den Ton einer Zeit, in der auf der ganzen Welt und auch in Deutschland eine Bewegung von unten entsteht, die eine echte Alternative zur herrschenden Politik bietet. Hören. Freuen. Weitererzählen.

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