Bush und Schröder werfen uns Solidarität mit den Taliban und Osama bin Laden vor. Aber auch Kriegsgegner fragen sich, ob die USA und der islamische Fundamentalismus nicht zwei gleich große Übel sind.
Krieg herrscht für viele Menschen in den arabischen Ländern schon länger, als seit dem 11. September. Sie spüren den Terror des US-Imperialismus täglich am eigenen Leib.
Seit dem Golfkrieg 1990/91 bombardieren US-Flugzeuge immer wieder den Irak. „Die Luftangriffe mit ihren Verwüstungen durch Bomben und Granaten sowie die Raketenangriffe haben die Infrastruktur weitgehend zerstört. Vollständig zerstört wurden Elektrizitätswerke, Wasserwerke, Ölraffinerien und Öllager sowie sechs Ölquellen“, berichtete die UNO Anfang 2001.
Die USA leisten Waffenhilfe für Israel gegen die Palästinenser, die um ein besseres Leben kämpfen. Von den über 600 Toten des Aufstands sind die meisten Palästinenser.
In den besetzten Gebieten gibt es kaum Zugang zu Trinkwasser, keine Arbeit und wenig Wohnraum. Flüchtlinge leiden Hunger in überfüllten Camps im Libanon.
Faschismus?
Der islamische Fundamentalismus verspricht den Menschen gegen den US-Imperialismus zu kämpfen. Deswegen sind wir uneingeschränkt solidarisch mit jeder Demonstration in der islamischen Welt.
Aber wo immer die Islamisten die Gelegenheit haben, gehen sie gegen die Linke in ihren Ländern vor. Anfang der 80er Jahre schlugen sie die iranische Arbeiterrevolution nieder. Erst im Juli dieses Jahres ermordeten islamische Milizen die Teilnehmer einer antikapitalistischen Konferenz im indonesischen Jakarta.
Deswegen glauben Teile der Linken, dass der Fundamentalismus faschistisch sei. Diese Ansicht reißt sowohl den Faschismus als auch den Fundamentalismus aus dem historischen Zusammenhang, in dem sie entstanden sind.
Der Faschismus kam im imperialistischen Deutschland als Reaktion auf die wirtschaftliche Krise nach dem Ersten Weltkrieg an die Macht. Um die Krise zu überwinden, wollte das deutsche Kapital sich über die Landesgrenzen hinaus ausbreiten.
Dabei stand ihnen aber die deutsche Arbeiterbewegung im Weg. Der letzte Krieg war den Arbeitern noch gut in Erinnerung. Sie hatten ihn durch eine Revolution beendet. Die Arbeiterbewegung musste also zerschlagen werden. Die bürgerlichen Regierungen hatten sich als unfähig erwiesen, diese Aufgabe zu erfüllen. Schließlich bediente sich das Kapital der Faschisten.
Der Fundamentalismus hingegen entstand gerade als Folge der imperialistischen Unterdrückung der arabischen Staaten durch die Großmächte. Der gemeinsame Kampf der Unterdrückten im Iran gegen den US-Imperialismus und seinen Stellvertreter, den Schah, war die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt Arbeiterräte und eine Revolution im Iran geben konnte.
Klassenfrage
Aber einmal an der Macht, kämpften die Islamisten keineswegs entschlossen gegen den Imperialismus. Im Gegenteil, sie ermordeten die entschlossensten Kämpferinnen und Kämpfer.
Heute verhandelt der „revolutionäre“ Iran mit allen möglichen westlichen Regierungen, um Konzerne ins Land zu locken. Genauso werden andere Führer des politischen Islam immer wieder Kompromisse mit dem Kapital suchen.
Dieser Widerspruch zwischen verarmter Massenbasis und bürgerlicher Führung kennzeichnet den politischen Islam, seitdem diese Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts entstand. Der Widerstand gegen Konzernherrschaft und die Forderung nach einem islamischen Staat eint verschiedene soziale Gruppen allerdings aus unterschiedlichen Gründen.
Die städtischen Armen verbinden mit dem Gottesstaat beispielsweise die Steuerpflicht für Reiche oder das Versprechen auf eine gerechte Gesellschaftsordnung. Die Mittelschichten verbinden mit der Forderung nach einem islamischen Staat, wirtschaftlich unabhängig von den westlichen Konzernen zu werden, denen die derzeitigen Herrscher Tür und Tor öffnen.
Deshalb schlug Khomeini die Arbeiterbewegung nieder. Seine soziale Basis war der Mittelstand. Der Mittelstand wollte den US-Imperialismus aus dem Land haben, genauso wie die Arbeiter. Aber nur, um selbst von der Ausbeutung der Arbeiterklasse profitieren zu können.
Khomeini rechtfertigte die Angriffe auf die Arbeiterbewegung mit dem Islam. Der Fundamentalismus behauptet, dass der Kampf gegen den Imperialismus ein Kampf der islamischen Welt gegen den Westen ist. So konnte Khomeini sein Verbot von Arbeiterräten und Frauendemonstrationen als Kampf gegen „unislamische“ westliche Einflüsse rechtfertigen. Schritt für Schritt baute er ein Regime des Terrors auf.
Wettlauf
Die Linke in den islamischen Ländern steht in Konkurrenz zum Fundamentalismus. Sie kämpfen Schulter an Schulter mit ihm, aber sie wissen auch, dass sie die Islamisten früher oder später angreifen werden.
Der islamische Fundamentalismus gründet sich auf der Behauptung, dass der Kampf gegen den Krieg ein Kampf gegen den Westen ist. Sozialisten argumentieren, dass es ein Kampf der Arbeiterklasse gegen die Bushs und Schröders dieser Welt ist.
Jede Bombe, die von der „freien Welt“ abgeworfen wird, bestätigt die Weltsicht der Islamisten. Jede Antikriegsdemonstration in Amerika und Europa wiederum stärkt die antikapitalistische Linke.
Dieser Kampf ist ein Kampf der internationalen Arbeiterklasse und der Jugend der Welt gegen den US-Imperialismus. Jede Demonstration, die sich eindeutig gegen den US-Imperialismus stellt, und sich mit der Bewegung in Pakistan oder Indonesien solidarisiert, stärkt die fortschrittlichen Kräfte dort.