"Börsencrash, Kaufzurückhaltung, Autokrise nach dem längsten Wachstum in der Geschichte bremst die amerikanische Wirtschaft in atemberaubendem Tempo ab. Misslingt die sanfte Landung könnte im kommenden Jahr eine Rezession einsetzen mit Auswirkungen auf Europa." So beginnt der Spiegel seinen Artikel über die Aussichten der Weltwirtschaft.
Jede Wirtschaftskrise bisher hatte ernste soziale und politische Auswirkungen. Ein Blick auf die USA, wo die Anzeichen schon deutlicher zu sehen sind, gibt uns eine Vorstellung von dem, was noch auf uns zu kommt.
Viele US-Konzerne haben Ende letzten Jahres Massenentlassungen angekündigt. General Motors plant den Abbau von 15.000 Stellen, das Telekommunikationsunternehmen Lucent Engineering 10.000. Auch viele Beschäftige bei DaimlerChrysler werden nicht verschont bleiben.
Mit Bush kommt das konservativste Kabinett seit langem an die Regierung. Die Hälfte der neuen Minister kommen aus den Vorstandsetagen der Industrie oder dem Pentagon.
Bushs Haushaltsentwurf ist die rot/grüne Steuerreform und Eichels Sparpaket in einem nur noch viel größer.
Darin ist eine Steuerentlassung der Reichen und Konzerne um 2.600 Milliarden Mark in den nächsten 10 Jahren vorgesehen. Gleichzeitig sieht der Entwurf Ausgabenkürzungen im Sozialbereich vor, um den Etat auszugleichen.
Bush hofft, dass durch diese Geschenke die US-Konzerne international konkurrenzfähig bleiben, und andere Länder stärker getroffen werden. Es ist die selbe Standort-Logik, mit der auch Schröder sein neoliberales Programm rechtfertigt.
Selbst wenn es US-Konzernen dadurch gelingt, der Pleite zu entgehen für die entlassenen Arbeiter bedeuten die Ausgabenkürzungen eine soziale Katastrophe.
Zusammenführen
Trotzdem bieten die USA eine Hoffnung für uns. Denn diese Regierung wird sowohl von einem Aufschwung von Streiks als auch von einer wachsenden antikapitalistischen Bewegung konfrontiert.
Unter der Oberfläche des "Modells USA" gärte es die 90er Jahre über. Vom längsten Boom in der Geschichte der USA haben Arbeiter nichts gehabt Die aufgestaute Wut entlud sich in einer Kette erfolgreicher Streiks bei so großen Firmen wie UPS und General Motors die amerikanische Arbeiterbewegung erwachte aus dem Tiefschlaf.
Gleichzeitig vernetzen sich abseits des Zwei-Parteien-Systems zahlreiche Aktivisten aus Umwelt- und Dritte-Welt-Gruppen zu einer Bewegung, die den wachsenden Einfluß von Konzernen auf das Leben der Menschen den Kampf ansagte.
Diese beiden Entwicklungen verbanden sich in im November 1999 bei den Protesten gegen die Welthandelsorganisation WTO in Seattle. Damals legten Gewerkschafter, Umweltschützer und Dritte-Welt-Aktivisten die wichtigste Institution der westlichen Konzerne drei Tage lang lahm.
Diese Fusionierung von Arbeitern und radikalen Aktivisten zu einer antikapitalistischen Bewegung, der Geist von Seattle, ist eine ernsthafte Klippe für die Bush-Regierung, die ganz offen ihre personellen wie politischen Verbindungen zu den Konzernen herausstellt.
Am 20 Januar wird Bush vereidigt und am selben Tag einer Massendemonstration seiner Gegner gegenüberstehen. Frauenrechtsgruppen, Schwarzenorganisationen, die deutlich links stehende Grüne Partei der USA bis zu den Demokraten, alle rufen zu einer Demonstration nach Washington. Bis zu 200.000 werden erwartet.
Deutschland
Bushs Agenda ist extrem, weil die Verlangsamung der US-Wirtschaft extrem ist. Doch die Reaktion der Schröder-Regierung wird kaum anders ausfallen. Eine Regierung, die schon in Zeiten des mäßigen Aufschwungs Konzerne mit Steuer- und Rentenreform beschenkt, wird in Krisenzeiten kaum anders handeln.
Es ist offensichtlich notwendig, auch in Deutschland eine antikapitalistische Bewegung aufzubauen.
Weithin sichtbare symbolische Aktionen sind dafür wertvoll, Aktionen, die Menschen inspirieren, ihnen Mut geben, und die einfache Wahrheit der Antikapitalisten verbreiten: Menschen sind wichtiger als Profite!
Die nächsten Möglichkeiten diese Nachricht zu verbreiten sind die Demonstration zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 14. Januar in Berlin und die Proteste gegen das Weltwirtschaftsforum am 27. Januar in Davos.