Etwa 250.000 streikende Metallarbeiter beteiligten sich Mitte November an einer landesweiten Demonstration in der italienischen Hauptstadt Rom.
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Die Streikaktion legte duzende größere Produktionsstätten im ganzen Land lahm. Offiziell ging es dabei um Lohnerhöhung von 30 Mark monatlich. Aber in der politisierten Atmosphäre Italiens ging es schnell um mehr, als diesen Inflationsausgleich.
Die Aktion der unzufriedenen Arbeiter war geprägt von der antikapitalistischen Stimmung, die zu den Protesten mit 300.000 Teilnehmern in Genua im Juli dieses Jahres geführt hat. Führende Personen der antikapitalistischen Bewegung, und der "Sozialforen" als ihr organisatorischer Kern, protestierten mit.
Die Gewerkschaft, die den Streik organisiert, die FIOM, war früher eine reine Metallarbeitergewerkschaft, aber jetzt arbeiten viele ihrer Mitglieder in verschiedenen Branchen.
Die Gewerkschaft, die hauptsächlich in der Schwerindustrie verankert war und auch von ihrer Kampfkraft und Militanz am ehesten noch mit der IG Metall verglichen werden konnte, ist in den letzten zehn Jahren in die Offensive gegangen und hat viele neue Mitglieder im Dienstleistungsbereich gewonnen.
Am meisten ist die Gewerkschaft in Callcentern gewachsen. Junge Aktivisten haben vor den Gebäuden Mitglieder geworben.
Dementsprechend war die Demo voller junger Leute. Rund 40 Prozent derer, die für die verbesserten Arbeitsverträge demonstrierten, waren unter 25.
Francesco, ein 28 jähriger Arbeiter in einem Callcenter, erzählt: "Wir machen richtige Fließbandarbeit, 24 Stunden am Tag. Und wie in der Fabrik gibt es Vorarbeiter, die dich die ganze Zeit unter Druck setzen. Die Bandgeschwindigkeit ist stressig und die Arbeit monoton."
Die Demonstration war auch multi-ethnisch. Die FIOM hat eng mit illegalen und befristeten Einwanderern in den Fabriken im Norden des Landes zusammengearbeitet und über die Jahre mit Demonstrationen und Streiks unbefristete Arbeitsverträge erkämpft.
So beteiligten sich viele nordafrikanische, indische, äthiopische, türkische und senegalische Arbeiter an dem Marsch. Ein nordafrikanischer und ein chilenischer Arbeiter waren unter den Sprechern bei der Abschlusskundgebung.
Noch am Tag vor dem Streik hatte die Regierung provokativ ein Gesetz verabschiedet, dass Entlassungen vereinfacht.
In der Abschlussrede sagte der FIOM-Vorsitzende Claudio Sabattini: "Es gibt keine Hoffnung auf Vermittlung die einzige Lösung ist Kampf." Die Führungen der drei italienischen Gewerkschaftsverbände geraten unter Druck, einen Generalstreik auszurufen.
Der Mobilisierungserfolg der FIOM basiert nicht nur auf der Forderung nach höheren Löhnen. Sie hat auch weitergehende politische Fragen thematisiert.
Viele Basisgruppen trugen Transparente mit der Aufschrift "Arbeitsvertrag und Frieden", Bezug nehmend auf den Krieg in Afghanistan.
Die FIOM unterstützt offen das Genua Sozialforum, das die riesigen antikapitalistischen Proteste im Juli organisiert hat.
Während ihres letzten landesweiten Streiks hat die FIOM Sprecher vom Genua Sozialforum zu all ihren Kundgebungen eingeladen.
Die Sprecher vom Sozialforum forderten die Mitglieder der FIOM auf, in Genua zu demonstrieren. Viele haben das getan die FIOM schätzte, dass 10.000 ihrer Mitglieder an der Demonstration teilnehmen.
Livio Villa, FIOM-Generalsekretär in der Lombardei, erklärt, warum seine Gewerkschaft die Antiglobalisierungsbewegung unterstützt:
"Bei der Gewerkschaftsbewegung geht es um die Ausweitung der Rechte der Menschen und wir glauben nicht, dass der Kapitalismus uns das erlauben will. Deswegen hat jede antikapitalistische Bewegung zwangsläufig ähnliche Ziele wie wir."
Konsequenterweise beteiligten sich die Sozialforen, die sich mittlerweile in allen größeren italienischen Städten gegründet haben, an der Demonstration der Streikenden. Luc Casarini, der in der antikapitalistischen Bewegung für "sozialen Ungehorsam" steht, begründet, er marschiere "zur Unterstützung eines wichtigen Teils der Bewegung und, um die Arroganz des Neoliberalismus zu besiegen".
Vittorio Agnoletto, der ebenso bei den Transparenten der Sozialforen mit der Aufschrift "Generalstreik gegen den Krieg" läuft, sagt: "Unsere Teilnahme heute ist umso wichtiger, angesichts des Versagens der WTO in Katar bezüglich der Gewerkschaftsrechte."