In Somalia gibt es keine Trainingscamps für paramilitärische oder terroristische Gruppen mehr. Das berichten UNO-Mitarbeiter, Diplomaten und Hilfskräfte übereinstimmend nach Angaben des US-Magazins Time. Was gibt es dann?
Somalia liegt an der Meerenge des Golfs von Aden. Von Somalia aus ist es möglich, diese Meerenge zu kontrollieren und damit den Zugang zum Suez-Kanal. Diese Wasserstraße ist von großer Bedeutung für die weltweite Schifffahrt.
1976 wechselte der somalische Diktator Siad Barre im Kalten Krieg die Seite und wurde Verbündeter der USA. George Bush, der spätere US-Präsident und Vater des jetztigen, war in den 70er-Jahren als CIA-Präsident verantwortlich für die Waffenlieferungen nach Somalia.
Während Barre Waffen kaufte, hungerte die Bevölkerung. Bis in die 70er konnte sich das Land selbst versorgen, aber unter dem Einfluss der USA beugte sich Barre den Vorgaben der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Somalia begann, Nahrungsmittel gegen Devisen zu exportieren. 60 Prozent der Exporterlöse kamen aus dem Tier- und Fleischexport.
UNO-Debakel
1991 hatte Barre alle Unterstützung verloren. Er wurde gestürzt. Das Land versank im Bürgerkrieg. 1992 schickten die USA 28.000 Soldaten im Rahmen der UNO-Friedensmission „Restore Hope“ (Die Hoffnung wiederherstellen). Ein US-Soldat sagte damals: „Es ist nicht so, wie ich es im Fernsehen sah. Wir lieferten überhaupt keine Lebensmittel. Wir waren statt dessen damit beschäftigt, zu patrouillieren, Häuser zu suchen und Sachen zu verbrennen.“
Die Aktion endete 1993 in einem Fiasko. Nach vielen Übergriffen von Soldaten auf Somalis töteten Somalis 18 US-Soldaten und schleiften einen von ihnen vor laufenden Kameras durch den Sand.
Ebenfalls 1993 wurde durch einen Artikel in der Los Angeles Times zum ersten Mal bekannt, dass Experten in Somalia Öl vermuteten. Die US-Ölkonzerne Conoco, Amoco, Chevron und Phillips hatten sich noch unter Barre Rechte auf Probebohrungen für zwei Drittel des Landes gesichert. Die US-Truppen sollten den Zugang der Konzerne und ihre Investitionen nach dem Sturz Barres schützen.
Geldhahn zu
Nach dem Debakel 1993 sehen die USA heute in Somalia keine „humanitäre Katastrophe“ mehr, sondern ein „Terroristennest“. Obwohl bis jetzt keine Anhaltspunkte dafür da sind, dass es Verbindungen zwischen Osama bin Laden oder anderen vermeintlichen Übeltätern und Somalia gibt, schlossen die USA und ihre Verbündeten im Herbst die Auslandsvertretungen der somalischen Bank „Al Barakaat“.
Diese Bank ist das wichtigste Geldinstitut für Auslansüberweisungen. Die meisten Einwohner sind von Überweisungen ihrer im Ausland arbeitenden Verwandten abhängig. Das wirtschaftliche Leben in Somalia ist inzwischen so gut wie tot. „Ich arbeite für eine Putzfirma und habe eine Frau und vier Kinder zu versorgen,“ beschwert sich ein Somali, der seit 11 Jahren in Schweden lebt und seinen Lohn nicht überweisen kann.