Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes darf Frauen nicht prinzipiell der Dienst an der Waffe verboten werden. Die Elektronikerin Tanja Kreil hatte gegen den Grundgesetzabsatz geklagt, nach dem Frauen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten dürfen. Viele feiern das Urteil als Durchbruch im Kampf um die Befreiung der Frau.Dieser Grundgesetzestext ist genauso diskriminierend wie die Weigerung Scharpings, einen schwulen Zeitsoldaten zu befördern, weil er die Moral der Truppe untergrabe.
Hintergrund für die Auffassung, daß Frauen nicht in die Bundeswehr sollten, ist die Vorstellung, daß potentielle Kampfeinsätze nicht mit der natürlichen Aufgabe der Frau, sich um die Familie zu kümmern, zusammen paßt.
Es wird argumentiert, daß Frauen in der Armee die Gefechtsbereitschaft in der Truppe beeinträchtigen. Das widerspricht aber der Tatsache, daß es gerade in der die Armee des mächtigsten NATO-Staates und Hauptimperialisten USA einen Frauenanteil von 12% gibt.
Andere sagen, daß Frauen deswegen nicht in die Truppe gehören, weil sie dort Opfer sexueller Belästigung werden könnten ist. Sexuelle Belästigung ist aber ein gesamtgesellschaftliches Problem und fängt nicht erst hinter den Kasernentoren an. Mit dem selben Argument könnte man Frauen den Zugang zum öffentlichen Dienst oder in ihre Wohnung verweigern.
Familie
Doch ist dieses Urteil der Durchbruch auf dem Weg zur Befreiung der Frau und eine Chance, die Bundeswehr ein Stück friedlicher und menschlicher zu machen?
Nein, denn die Grundlage von Frauenunterdrückung bleibt völlig unangetastet. Der Grund dafür, daß Frauen immer noch nicht die selben Chancen haben wie Männer liegt in der kostensparenden Funktion, die die Familie im Kapitalismus für die Herrschenden hat.
Frauen verdienen immer noch ein Drittel weniger als die Männer. Sie stellen den größten Teil der Sozialhilfeempfänger und bekommen im Durchschnitt nicht mal die Hälfte der Altersrente, die Männer bekommen. Je mehr der Sozialstaat zerschlagen wird, desto mehr soziale Aufgaben verlagern sich unbezahlt in der Familie. 1992 waren das bereits 77 Mrd. Stunden im Wert von 2,8 Billionen DM. Daran wird sich nach dem Urteilsspruch nichts ändern.
Frieden?
Genausowenig wie die Bundeswehr ein Instrument zur Befreiung der Frau ist, werden Soldatinnen die Armee grundlegend zum positiven verändern. Denn die Bundeswehr ist nicht da um Frieden zu bringen, sondern um die nationalen Interessen Deutschlands auf der Welt zu verteidigen. Und dabei geht es nicht um Moral, sondern um Profit. Der Bombereinsatz, bei dem im Kosovokrieg eine Entbindungsstation zerbombt wurde, wäre nicht dadurch besser geworden, daß ihn eine Frau Generalin befehligt hätte. Deswegen gehört die Bundeswehr genauso wie das System zu dessen Verteidigung sie geschaffen wurde auf den Müllhaufen der Geschichte.