Die Bombardierung Afghanistans durch die USA und Großbritannien hat einen erbitterten Kampf zwischen rivalisierenden Militärherrschern losgetreten. Jeder von ihnen erhält Unterstützung von Nachbarstaaten Afghanistans, die um Einfluss in der Region ringen. Dies ist die Ausgangslage für einen wirren Bürgerkrieg.
Manche sehen die UNO als eine unabhängige Kraft an, die helfen könnte, in Afghanistan Frieden zu stiften. Aber eine UN-Intervention wird nur westliche Machtpolitik unter dem Deckmantel der "internationalen Staatengemeinschaft" durchsetzen.
Somalia
Das Ergebnis der von den USA angeführten Intervention in Somalia Anfang der 90er Jahre war eine Vertiefung des Bürgerkriegs. Sie fand statt unter dem Banner der UNO und wurde von amerikanischen, belgischen, kanadischen und pakistanischen Kampfeinheiten ausgeführt. Die normale Bevölkerung freute sich zunächst über ihren Einmarsch, aber das taten auch die rivalisierenden Kriegsherren dort, die während des Kalten Krieges von den USA und der UdSSR aufgebaut worden waren. Nach wenigen Monaten hatten sich die ausländischen Streitkräfte von allen Gruppen der Bevölkerung entfremdet. Ihre Antwort auf die bittere Armut und die komplizierten politischen Spannungen bestand darin, Repression auszuüben und sich einzelnen Gruppen im Kampf gegen andere anzuschließen. Im Zuge dieses Einsatzes wurde General Aidid vom Hoffnungsträger des Westens zum Staatsfeind Nummer Eins. Man behandelte die Somalis als „unzivilisierte“, die nur auf Gewalt reagierten. UN-Truppen eröffneten das Feuer auf eine Massendemonstration somalischer Zivilisten und töteten dabei 500 Menschen. Die UNO verließ 1994 das ruinierte Land, in dem die Kriegsherren ihre Macht ausgebaut hatten.
Kosovo
Kommentatoren, die den jetzigen Krieg befürworten, erwähnen Somalia nicht. Sie behaupten eher, dass das Beispiel Kosovo zeige, wie ein amerikanischer Militäreinsatz in Verbindung mit politischer Intervention der UNO Demokratie und Stabilität bringen könne. Aber der NATO-Krieg auf dem Balkan vor zwei Jahren führte zuerst zu verstärkten serbischen Angriffen auf die Kosovo-Albaner und dann, nach dem "Sieg", zur Vertreibung von über 200.000 Serben und Roma aus dem Kosovo. Und die UN-Verwaltung, die der Westen im Kosovo installiert hat, brachte das genaue Gegenteil von Demokratie. Sie regiert den Kosovo wie eine Kolonie. Alle Entscheidungen werden von Bürokraten getroffen, die vom Westen eingesetzt wurden. Die Verwaltung wurde bisher von einem Deutschen, einem Franzosen und nun einem Niederländer geführt. Ihr Chef leitet die Justiz, die Polizei und den öffentlichen Dienst. Angestellte und Soldaten der UNO führen ein ausschweifendes Leben, während der Kosovo die ärmste Region Europas bildet. Wie früher die Kolonialherren mischte sich der niederländische Verwaltungschef letztes Jahr in den Wahlkampf ein, indem er auf einer Veranstaltung der Partei erschien, die der Westen bevorzugt. Und genau wie in früheren Kolonien gelten die Wahlen zwei Institutionen, die keine Befugnisse haben. Die Wirtschaft wird derweil von Mafiabanden dominiert, mit denen die UNO-Verwalter Hand in Hand arbeiten, und der Kosovo hat sich zu einem Zentrum der Prostitution und des Heroinhandels mit Europa entwickelt.
Kolonialismus
Die Intervention in Afghanistan ist jetzt schon ein größeres Desaster als die im Kosovo. Die UNO wir noch rücksichtsloser vorgehen als dort. Afghanistan ist noch tiefer gespalten, und zwar zwischen Clanchefs, die sich bis zur Machtübernahme der Taliban bekämpften und dabei über 50.000 Menschen töteten. Sie erhalten Unterstützung aus verschiedenen Teilen der Bevölkerung, die sich in Opposition zu anderen ethnischen Gruppen und militärischen Clans sehen. Jede Zentralmacht in der Hauptstadt Kabul wird entweder alle anderen Gruppen unterdrücken oder sich auf Geschäfte mit den Kriegsherren und noch wichtiger: mit den sie unterstützenden Staaten- einlassen müssen. Im Laufe der letzten 25 Jahre hat jede Regierung in Kabul abwechselnd das eine oder das andere getan. Die Russen marschierten 1979 ein, um eine ihnen genehme Regierung einzusetzen. Sie nahmen die Städte ein, führten -und verloren- aber einen acht Jahre währenden Krieg gegen Guerrillagruppen auf dem Land und in den Bergen. Ihre Marionettenregierung versuchte, Allianzen mit den verschiedenen Clanchefs zu schmieden und vergrößerte damit nur das Chaos, das nach ihrem Sturz 1992 entstand. Die Spaltungen in Afghanistan sind heute tiefer als damals. Das Reden von einer von der UNO ausgehandelten Regierung rufen Erinnerungen an den europäischen Kolonialismus im 19. Jahrhundert wach.
Nun erklären die größten kapitalistischen Mächte Länder wie Afghanistan, die durch fremde Einmischung und den Weltmarkt zerrissen worden sind, zu "gescheiterten Staaten". Ihre Lösung besteht aus verheerenden amerikanischen Militäreinsätzen, nach deren Ende ganze Völker unter UNO-Verwaltung gestellt werden. Diese wiederum geht völlig undemokratisch dabei vor, pro-kapitalistische und pro-westliche Regime hochzuziehen und die Interessen der verstrittenen kleineren Mächte in der Region zu befriedigen. Wirtschaftliche Hilfe fließt bestenfalls kläglich, und dann in die Hände jener korrupten Anführer, die der Westen bevorzugt. So ist es im Kosovo geschehen. Die wenigen Konzerne, die an der Gegend interessiert sind, haben sich ihre armseligen Ressourcen angeeignet. Und die UNO steht der Macht der USA nicht entgegen sie dient als ziviler Arm des neuen Imperialismus.