In Hessen kämpfen Arbeiter und Studenten gemeinsam gegen den CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch.
Großdemo am 18.11. in Wiesbaden
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Der hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch greift an. Anfang September kündigte er das größte Kürzungspaket eines Bundeslandes in der Nachkriegsgeschichte an: 1 Mrd. Euro sollen gestrichen werden.
Das Weihnachtsgeld für Beamte soll gekürzt, das Urlaubsgeld ganz gestrichen und die Arbeitszeit auf 42 Stunden erhöht werden. Eine Übertragung auf den Tarifbereich ist vorgesehen.
Freiwillige Leistungen des Landes werden zusammengestrichen. Das trifft Familien- und Erziehungs-, Drogen- und Schuldenberatungsstellen, Volkshochschulen, Frauenhäuser. Andere wie der Frankfurter Reitstall oder die Heimatvertriebenen bleiben dahingegen verschont, und zwei Vorstandsmitgliedern des Flughafenbetreibers Fraport sollen die Gehälter sogar von 550.000 auf 700.000 Euro erhöht werden.
Koch machte sich bundesweit einen Namen, indem er sich mithilfe eines rassistischen Wahlkampfs, einer Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, zum hessischen Ministerpräsidenten wählen ließ. Die "Financial Times Deutschland" brachte am 31.01.02 eine Sonderseite über seinen Antrag im Bundesrat auf eine "radikale Sozialhilfereform nach US-Vorbild". Im US-Bundesstaat Wisconsin wurde mit einer solchen "Reform" 80 Prozent der Sozialhilfeempfänger die Leistungen gestrichen.
Doch Koch stößt auf Widerstand. Seit Anfang Oktober reißen die Proteste nicht mehr ab. Tausende demonstrierten in der Landeshauptstadt Wiesbaden und in anderen Städten.
Nach der großen Demonstration gegen Sozialabbau in Berlin am 1. November haben auch die Proteste in Hessen eine neue Stufe erreicht: Lehrer und Eltern einer Schule in Hoechst riefen zum Streik auf, die Studenten der hessischen Hochschulen versammelten sich zu Tausenden in ihren Unis.
Es kam zu ersten Verkehrsblockaden und schließlich zu Streiks. Am 8. November demonstrierten einige tausend Studenten gegen Kochs Besuch in Frankfurt, so dass er schließlich vom Dienstwagen in ein Polizeiauto umsteigen musste, um das Gelände noch zu verlassen.
Die Studenten, die gegen die Einführung von Studiengebühren aufgestanden sind, könnten den zündenden Funken auf den Sprengstoff aus sozialem Unmut werfen. Die Universitäten und Fachhochschulen können zu Zentren des Widerstandes gemacht werden, wenn Gebäude und Büros durch aktiven Streik besetzt werden.
Die Kürzungen betreffen große Teile der Bevölkerung, vor allem sozial Schwache und Arbeitnehmer. Die Breite des Angriffs erhöht die Chance eines breiten Widerstands.
Dieses Mal könnte sich selbst ein Teil der Polizei auf der Seite der Betroffenen wiederfinden. Sie sehen sich wie Lehrer und Feuerwehr auch von Arbeitszeitverlängerung und Lohnraub bedroht. Die Gewerkschaft der Polizei hat zusammen mit ver.di, GEW, DGB, Wohlfahrtsverbänden und anderen zu einem "Tag der Verweigerung" und zu einer Großdemonstration am 18. November in der Landeshauptstadt aufgerufen. Die GEW Hessen ruft an diesem Tag zum Streik auf.
Koch hat mit seiner Drohung, die Lohnkürzungen bei längeren Arbeitszeiten von den Beamten "auf den tariflichen Bereich" auszudehnen, eine Steilvorlage für den Widerstand gemacht. Denn damit ist klar, dass auch die Arbeiter und Angestellten des gesamten Öffentlichen Dienstes bedroht sein werden. Wenn erst einmal die Beamten länger für weniger Lohn arbeiten, wird es für die Angestellten und Arbeiter schwerer werden, den Schlag abzuwehren. Schließlich gilt der "tarifliche Bereich" BAT (Bundesangestelltentarif) für alle.
Attac hat auch zur Wiesbadener Demonstration aufgerufen. Attac sollte nicht nur den Kampf gegen Koch von der eintägigen Verweigerung zur wöchentlichen Verweigerung bis hin zum Streik von Arbeitern und Studenten zuspitzen, sondern auch den Kampf gegen "Kochs Giftliste" mit dem Kampf gegen Schröders Giftliste verbinden.