Der Abschluss der IG-Metall ist erst mal ein Erfolg, weil er das Signal aussendet, das größere Lohnsteigerungen als in den letzten Jahren drin sind und durch gewerkschaftliche Macht auch durchgesetzt werden können. Man stelle sich vor, was angesichts der von Lieferengpässen und Facharbeitermangel geprägten schlechten Kampfposition der Metallarbeitgeber möglich gewesen wäre, wenn die IG Metall-Führung in den Vollstreik gegangen wäre. Die 6,5 Prozent wäre möglich gewesen. Von daher ist hier eine Chance vertan worden, noch deutlicher mit der Lohnzurückhaltung zu brechen. Der neoliberale Ökonom Bernd Rürup hat nach dem Abschluss dem Kapital auch gleich Entwarnung signalisiert: Durch die Staffelung der Erhöhung über die 19 Monate Laufzeit liegt die „reale Erhöhung“ bei rund 3,3 Prozent, durch Öffnungsklauseln können viele Betriebe, so Rürup auf knapp unter 3 Prozent kommen. Daran knabbert dann noch die Inflation und die Steuererhöhung und Kürzungen der Bundesregierung und schon ist aus dem „kräftigen Schluck aus der Pulle“ ein Schlückchen geworden.
Dazu kommt ein politisches Problem, mit den Argumenten, mit denen diese Tarifrunde geführt. Die IG-Metall-Führung hat im wesentlichen auf die Beteiligung der Arbeiter an der brummenden Konjunktur zugespitzt und, natürlich völlig zu Recht, auf die sprudelnden Profite verwiesen. Dieses Argument fällt sofort in sich zusammen, wenn die Konjunktur nicht brummt und die Profite nicht sprudelnd – was in den vergangenen 15 Jahren der Normalfall war. Alle vorgebrachten Argumente können in der Krise gegen die Gewerkschaft gewendet werden, eine tragfähige Orientierung, die den Rückfall in die Lohnzurückhaltung verhindert, wurde nicht gegeben.