Was wäre wenn sich die G8 in Heiligendamm treffen und die gesamte Telekommunikation des Gipfels ausfällt – lahmgelegt durch streikende Telekomarbeiter? Dieses Szenario kann Realität werden. Bei der Telekom stehen die Zeichen auf Streik, am Donnerstag wird das Urabstimmungsergebnis verkündet, am folgenden Montag könnte der Streik beginnen. Der Arbeitskampfleiter Ado Wilhelm hat angekündigt, das die Verdi nicht die Privatkunden, aber „empfindliche Prestigeobjekte“ bestreiken will – darunter eben den G8-Gipfel.
Die von Auslagerung bedrohten Telekom-Arbeiter haben Angst, das ihnen das gleiche Schicksal droht wie den ehemaligen Beschäftigten der Siemens-Handysparte: Die wurde zuerst ausgelagert , dann vom taiwanesischen Konzern BenQ übernommen und schließlich plattgemacht: Endstation Hartz IV. Die Sorgen sind berechtigt, Telekom-Chef Obermann hat explizit nicht ausgeschlossen, das auf die Auslagerung ein Verkauf folgen könnte.
Die Bundesregierung hätte es in der Hand, dem drohenden Abbau bei der Telekom abzuwenden.
Die Bund hält direkt 14,83 Prozent und indirekt, über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, weitere 16,87 Prozent der Aktien. Drittgrößter Aktionär ist die US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft Blackstone mit 4,39 Prozent Die restlichen 63,91 Prozent der Aktien befinden sich in Streubesitz. Über ein Rückkaufangebot der Streuaktien und die Enteignung der Blackstone-Anteile könnte die Aktien-Majorität hergestellt und eine Re-Verstaatlichung der Telekom eingeleitet werden – wie auch in Venezuela und Bolivien vitale Ressourcen und Dienste, wie es die Telekommunikation ja darstellt, dem Zugriff des Marktes entzogen wurden. Das tut die Regierung nicht, weil sie sich denselben Zielen verpflichtet hat, wie die Telekom-Führung auch: Profitmaximierung auf den Rücken der Beschäftigten.
Wesentliches Argument der Telekom-Führung für die Auslagerung ist, das 900 Millionen Personalkosten gespart werden müssen, um der Billiganbieter-Konkurrenz die Stirn zu bieten. Der hohe Wettbewerbs-Druck auf dem Telekommunikationsmarkt ist real und auch politisch gewollt – gerade um diesen Wettlauf nach unten in Gang zu setzen, wurde das Postmonopol aufgehoben. Kontern läßt sich dies von der Gewerkschaft nur durch eine Strategie, die eine Angleichung der Löhne und Arbeitsbedingungen im gesamten Telekommunikationssektor zum Ziel hat – letztendlich im internationalen Maßstab. Dafür wurden Gewerkschaften im 19. Jahrhundert gegründet. Betriebsvertretungen, Zunft- und Standesorganisationen gab es schon vorher – das Neue an der Gewerkschaftsidee war die übergreifende Organisierung mit dem Ziel, durch gemeinsamen Kampf um bessere Bedingungen die, wie Marx sagte, „Schmutzkonkurrenz“ zu überwinden. Die Linke sollte dafür einstehen, das dieser Gedanke wieder in den Gewerkschaften präsenter wird.
Die Linke sollte bei den Streiks aktiv ihre Solidarität zeigen – und unter den Telekom-Arbeitern für eine Beteiligung an der G8-Protestdemonstration am 2. Juni werben. Es wäre ein tolles Signal wenn an der Spitze der G8-Demonstration streikende Telekom-Arbeiter stehen würden. So würde für jedermann greifbar wobei es bei der Globalisierung von oben geht – eine durch Konkurrenz und Profitmaximierung angetriebene Schußfahrt in die Verelendung, der wir unsere Solidarität entgegensetzen.