Die WASG geht selbstbewusst in die neue Linke. Sie wird leidenschaftliche Debatten über den richtigen Weg gegen die große Koalition mitbringen.
Von Lucia Schnell und Christine Buchholz
Zu den Autorinnen: Lucia Schnell ist Parteitagsdelegierte der WASG Berlin-Neukölln und Mitglied im Sprecherkreis der Strömung Sozialistische Linke. Christine Buchholz ist Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstands der WASG |
Jetzt gehts los riefen die Delegierten auf dem Parteitag der WASG, als bekannt gegeben wurde, dass 88 Prozent der Verschmelzung mit der Linkspartei.PDS zugestimmt hatten. Unter lautem Jubel reckten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi die verschränkten Hände in die Luft.
In Dortmund herrschte eine kämpferische und optimistische Stimmung. Auf dem Parteitag der WASG gab es nur 44 Gegenstimmen von 375 anwesenden Delegierten. Vor wenigen Monaten, als die WASG noch von dem Streit um den rot-roten Senat in Berlin und dem misslungenen Wahlantritt der WASG dort geprägt war, hätte das kaum jemand gedacht.
Gleichzeitig war der Parteitag der WASG vor allem von ernsthafter Debatte über die politischen Inhalte der neuen Partei geprägt. An beiden Tagen diskutierten die WASG-Delegierten Stunden länger als die Kollegen von der Linkspartei, die zeitgleich im selben Gebäude ihren Parteitag abhielt.
Die Delegierten der WASG verlangten beispielsweise eine deutliche Absage an UN-Kriegseinsätze und härtere Bedingungen für Regierungsbeteiligungen der Linken. Sie konnten sich zwar nicht vollständig durchsetzen, aber verbesserten den vorgelegten Entwurf der programmatischen Eckpunkte deutlich.
Das gestiegene Selbstbewusstsein der WASG hängt auch mit dem politischen Klima zusammen, in dem die Parteitage stattgefunden haben. Bei ihren Auftritten gegen die Rente mit 67 und den Tornado-Einsatz in Afghanistan weiß die gemeinsame Bundestagsfraktion von WASG und Linkspartei jeweils drei Viertel der Bevölkerung hinter sich.
Die Proteste gegen die Rente mit 67 waren die größten Mobilisierungen der Gewerkschaften seit den Protesten gegen die Agenda 2010. Hier zeigten sich die Notwendigkeit einer neuen Linken und eine große Offenheit gegenüber der WASG.
Das neue Selbstbewusstsein der WASG drückte sich auch auf dem Parteitag aus. So betonte Klaus Ernst, Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand der WASG: Langsam gelingt es uns auch, die Gewerkschaften aus der Umklammerung durch die SPD zu lösen.
Der DGB in München hat SPD-Redner für den 1. Mai ausgeladen, die für die Rente mit 67 gestimmt hatten. Die Presse wittert jetzt den Untergang der Einheitsgewerkschaften. Wir wollen keine Richtungsgewerkschaften der WASG aber wir wollen auch keine Richtungsgewerkschaften der SPD.
Ottmar Schreiner, einer der linkesten SPD-Abgeordneten im Bundestag, bestätigte Klaus Ernst im Fernsehen: Die SPD läuft Gefahr, Teile der heimatlos gewordenen Unterschichten an die linke Konkurrenzpartei zu verlieren.
Und: Bleibt das Verhältnis zwischen der SPD und den Gewerkschaften so angespannt wie derzeit, drohen den Sozialdemokraten womöglich auch Vertrauensverluste bei den mittleren Arbeitnehmerschichten.
Der Bundesvorstand der WASG hat vor diesem Hintergrund eine Offensive zur Werbung neuer Mitglieder vor allem im Westen ausgerufen, damit die WASG gestärkt in die neue Partei geht.
Thomas Händel, Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand, erklärt: Wir bauen die neue Linke auf. Der Kapitalismus wird nie seinen Frieden mit den Menschen machen deswegen werden wir nie Frieden mit diesem Kapitalismus machen. Lasst uns das Stärkste sein, was die Schwachen haben.
Jetzt liegt es an den Mitgliedern der beiden Parteien, in den Urabstimmungen die Entscheidung ihrer Parteitage zu bestätigen. Am 16. Juni soll die neue Linke dann in Berlin gegründet werden. Mit 70.000 Mitgliedern wird die neue Partei die drittstärkste Partei in Deutschland sein und noch viele weitere Mitglieder gewinnen können.
Es muss es das strategische Ziel der neuen Linken sein, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zu verändern. Die Leidenschaft für dieses Ziel bringt die aus dem Widerstand gewachsene WASG als Mitgift in die neue Linke ein.