Mexiko: Wenn die Menschen regieren

Es begann mit Streik. Jetzt haben die Menschen in Oaxaca eine Regierung von unten gegründet.


Wie diese Demonstranten fordern hunderttausende den Rücktritt des Gouverneurs: „Wir kämpfen einen gerechten Kampf“, sagt die Lehrerin Maria

„Prügelt ihnen die Scheiße aus dem Leib!“ Mit diesen Worten befahl Ulises Ruiz, Gouverneur des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca, im Juni seinen Polizisten, die Protestlager der streikenden Lehrer in der gleichnamigen Provinzhauptstadt zu zerstören. Gemeinsam mit den Einwohnern gelang es den Lehrern aber, die 3000 Polizisten zurück zuschlagen.

Die 70.000 Mitglieder der Lehrergewerkschaft SNTE streiken schon seit fünf Monaten. Anfangs forderten sie nur höhere Löhne und eine bessere Ausstattung für die Schulen. Mittlerweile sprechen sie der Provinzregierung die Rechtmäßigkeit ab.

Die meisten Schulen sind nichts weiter als Blechhütten. Doch statt sich um die Schulen zu kümmern, hat der Provinzgouverneur Ruiz 6,4 Millionen Euro staatlicher Gelder in den Präsidentschaftswahlkampf seines Parteikumpanen Madrazo umgeleitet. Seit Jahresbeginn war die gesamte Verwaltung der Provinz mit dessen Wahlkampf beschäftigt.

Von der großen Armut erzählt Estala, eine der streikenden Lehrerinnen: „Wenn ich in der Schule ankomme, hat die Hälfte der Kinder kein Frühstück und die andere Hälfte hat weder Papier noch Stifte“. Wichtige Maßnahmen, etwa ein Projekt zur Bekämpfung des Dengue-Fiebers, wurden auf Eis gelegt. Deshalb ist der Gouverneur nicht nur bei den Lehrern unbeliebt, sondern in der gesamten Bevölkerung.

Nach dem Angriff auf die Streikenden solidarisierten sich Tausende Menschen. 38 politische Gruppen und soziale Bündnisse gründeten ihre eigene Regierung, die „Volksversammlung von Oaxaca“ (APPO), der sich immer mehr benachbarte Gemeinden anschließen.

Gemeinsam mit der Lehrergewerkschaft verlangen sie die Absetzung von Gouverneur Ruiz. Darüber will die Bundesregierung jedoch nicht verhandeln. Stattdessen plant sie, den Aufstand militärisch niederzuschlagen.

Um sich besser gegen einen erneuten Angriff verteidigen zu können, haben die Aktivisten alle Radiosender und den staatlichen Fernsehkanal „Sender 9“ übernommen und in der ganzen Stadt Barrikaden errichtet.

Die Bundesregierung hat bereits 20.000 Soldaten mit Hubschraubern und Panzern nach Oaxaca verlegt.

Über 6000 Menschen aus Oaxaca marschierten deshalb in die mexikanische Hauptstadt.
Dort wurden sie begeistert empfangen, bekamen Essen und Unterkunft. Auch die Stadtregierung solidarisierte sich.

Seit den Präsidentschaftswahlen am 2. Juli gingen dort Millionen Anhänger des sozialdemokratischen Wahlverlierers Manuel Obrador auf die Straßen. Sie erkennen das offizielle Wahlergebnis nicht an und haben Obrador zum Präsidenten ernannt (Linksruck berichtete).

Seit dem Marsch der Lehrer aus Oaxaca auf die Hauptstadt bewegen sich beide Bewegungen aufeinander zu. Obrador hat nun seine Unterstützer aufgerufen, nach Oaxaca zu marschieren und als „menschliche Schutzschilde“ die Unterdrückung der Aufständischen zu verhindern.

Wenn die Bewegung für Obrador sich mit dem Widerstand in Oaxaca zusammenschließt, können sie den geplanten Angriff der Armee zurückschlagen, die Bewegung auf ganz Mexiko ausweiten und die Bundesregierung stürzen.

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