Das Projekt einer neuen Linken gerät von zwei Seiten unter Druck. Auf der einen Seite stellt ein Teil des Berliner Landesverbandes der WASG das Bündnis mit der Linkspartei in Frage. Er orientiert wegen des Sozialabbaus des rot-roten Senats auf einen eigenständigen Wahlantritt bei den Abgeordnetenhauswahlen 2006.
Auf der anderen Seite lobt Oskar Lafontaine die Linkspartei in Berlin. Sie habe in den vergangenen vier Jahren Großes geleistet. Beides ist falsch, weil es nicht hilft, eine neue Linke zu schaffen, die eine Gegenmacht zur großen Koalition ist.
Wer aus berechtigter Kritik an der Regierungspolitik in Berlin die Einheit der Linken gefährdet, isoliert sich selbst und verliert den Einfluss auf die Politik der neuen Linken. Nach ihrem Landesparteitag Ende November steht die Berliner WASG nicht als legitime Kritikerin des Senates da, sondern als Spalterin.
Dieser politische Fehler hat die kritiklosen Unterstützer des Berliner Regierungskurses nicht geschwächt, sondern gestärkt: Die Berliner Linkspartei hat Schützenhilfe von Oskar Lafontaine bekommen.
Wer aber wie Lafontaine die Politik des rot-roten Senats verteidigt, entwaffnet die neue Linke politisch im Kampf gegen die große Koalition. Wie will Lafontaine zum Beispiel erklären, dass die für 2006 geplante Verlängerung der Arbeitszeit und Kürzung des Weihnachtsgeldes für Bundesbeamte falsch sind, wenn er die Verlängerung der Arbeitszeit und Kürzung des Weihnachtsgeldes für Berliner Lehrer von 2004 für richtig hält?
Außerdem hat die Regierungsbeteiligung der Linkspartei in Berlin dazu geführt, dass sie nicht Teil der Bewegung gegen Sozialabbau in der Stadt ist.
Die neue Linke hat vor allem zwei wichtige Aufgaben: Sie muss erstens groß und einig genug werden, um eine gesellschaftliche Gegenmacht gegen die große Koalition aufzubauen. Und sie muss zweitens in der Lage sein, Alternativen zu Sozialabbau und Lohnkürzungen zu vermitteln.
In der neuen Linken wird es viele Auseinandersetzungen darum geben, wie diese Alternativen aussehen. Damit die neue Linke ein Erfolg wird, ist es wichtig, den Kampf um die gemeinsame politische Grundlage bei einem gemeinsamen Vorgehen in der Praxis zu führen. Anlässe dazu bieten Merkel und Müntefering genug.