Das neueste Argument für den rot-roten Senat in Berlin ist keins: Durch die Koalition könne die Linkspartei im Bundesrat gegen die große Koalition kämpfen. Doch dafür ist der Bundesrat der falsche Ort.
In der Jungen Welt warnt Oskar Lafontaine, dass die große Koalition eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag hätte, wenn die Linkspartei und die FDP nicht mehr in Landesregierungen vertreten wären. Die große Koalition könnte dann das Mehrheitswahlrecht beschließen.
Aber die Länder mit FDP-Beteiligung besitzen auch ohne diejenigen mit Linkspartei-Beteiligung eine Sperrminorität gegen eine zwei Drittel-Mehrheit: 26 von 69 Stimmen. Denkbar wäre, dass SPD oder CDU in ein oder zwei Ländern die Koalition mit der FDP aufgäben. Das könnte die SPD aber auch jederzeit in Ländern mit Linkspartei-Beteiligung tun.
Die drohende Wahlrechtsänderung ist ein Schreckgespenst. Es soll den Widerstand gegen die Beteiligung der Linkspartei an neoliberaler Länderpolitik schwächen.
Die Berliner Linkspartei argumentiert im Leitantrag zum Landesparteitag Mitte Dezember: Dem Bundesrat wird zukünftig aus linker strategischer Perspektive eine wesentlich größere Rolle zukommen als bisher. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, wie wir die linken Potenziale in der Länderkammer zum Beispiel 2006 mit Sachsen-Anhalt verstärken können, anstatt sie leichtfertig aufzugeben.
Aber wenn die Linkspartei die Bündnispolitik mit der neoliberalen gewendeten SPD fortsetzt oder sogar ausdehnt, wird die neue gemeinsame Linke in einen Abnutzungsstrudel hineingezogen. Der rot-rote Senat hat Entlassungen im öffentlichen Dienst, Tarifflucht und Privatisierungen zu verantworten.
Darum ist die Linkspartei seit ihrem 22,6-Prozent-Hoch bei den Abgeordnetenhauswahlen 2001 auf bis zu 9 Prozent im April 2003 abgestürzt. Nach der gemeinsam mit der WASG erfolgreichen Bundestagswahl liegt sie bei 16 Prozent immer noch mit 6,6 Prozent im Minus.
Nicht Rechenmanöver im Bundesrat, sondern eine Stärkung der Linkspartei durch konsequente Oppositionspolitik schützt uns vor Sozialabbau und dem Mehrheitswahlrecht.
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Christine Buchholz: Die Kraft des Nein