Nicht die größte Gefahr

Die Ausfälle des neuen iranischen Präsidenten gegen Israel erklärt der Exil-Iraner Peyman Jafari.


Ahmadinedschad: Prominent, aber machtlos. Die wahre Macht liegt bei den Mullahs, nicht beim Präsidenten. Vor allem die Armen gaben ihm ihre Stimme

Der Iran bedeutet keine Gefahr für Israel, denn trotz der Drohungen des neuen Präsidenten Ahmedinidschad ist der Iran nicht in der Lage, Israel anzugreifen. Israel hat Atomwaffen, eine große Armee und die Rückendeckung der USA. US-Präsident Bush betont seit Monaten ständig, dass er zu einem Angriff auf Iran bereit ist, weil er dem Land vorwirft, Atomwaffen bauen zu wollen. Seit die USA den Iran in ihre „Achse des Bösen“ aufgenommen haben, erklären auch israelische Politiker, dass sie auf einen Angriff vorbereitet sind.

Ahmedinidschads Äußerungen sind auch als Reaktion auf diese aggressive Strategie der USA zu verstehen.

Am Anfang des iranisch-irakischen Krieges unterstützte Israel den Iran noch, um den Irak zu schwächen. Denn Israel und die USA haben ein Interesse daran, keine der regionalen Mächte zu stark werden zu lassen. Obwohl Khomeini schon damals forderte, dass Israel von der Landkarte verschwinden müsse, lieferte ihm Israel damals Waffen. Als der Irak dann in den 90er Jahren geschwächt wurde, versuchte Israel, eine internationale Allianz gegen den Iran aufbauen. Der so genannte Friedensprozess mit den Palästinensern sollte Israel dazu dienen, seine Beziehungen zu den arabischen Staaten zu verbessern, um den Iran in der Region zu isolieren.

Die Gefahr, dass der Iran von den USA angegriffen wird, besteht schon seit langem. Aber Ahmedinidschads Worte sind ein Geschenk an die USA.

Die wirklichen Machthaber im Iran, der religiöse Führer Khameni und die meisten hohen Regierungsbeamten stehen nicht hinter seinen Worten. Denn sie wollen vor allem gute Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland. Ihre größte Sorge ist, dass seine Äußerungen die Isolation verschärfen könnten, in die der Iran durch die amerikanischen Sanktionen geraten ist.

Die staatstragenden Eliten des Iran sind untereinander tief gespalten. Es gibt die Hardliner um Ahmedinidschad, die Reformer um Ex-Präsident Khatami, die Technokraten und die konservativen Geistlichen.

Ahmedinidschad wurde zum Präsidenten gewählt, weil er versprach, Armut und Korruption zu bekämpfen. Er vertritt einen sehr konservativen „Islam der Barfüßigen“. Vor allem die Armen und Arbeiter haben ihn gewählt, weil sie von der Politik des vorherigen „reformistischen“ Präsidenten Khatami enttäuscht waren, der keine sozialen Verbesserungen durchgesetzt hat.

Der neue Präsident versucht, sich gegen seine Gegner zu behaupten, indem er mit Unterdrückung und Demonstrationen Macht zeigt. Aber die Demonstrationen sind kleiner als früher und werden vom Regime gesteuert.

Eine Perspektive auf echte Veränderung im Iran gibt es nur von unten wie 1979, als der Schah durch eine Massenbewegung gestürzt wurde. In den 90er Jahren gab es in vielen Städten Massenproteste gegen die Privatisierungen und die Liberalisierung der Wirtschaft. Daraus entstand eine Demokratiebewegung. Tausende Studenten, vor allem aber Frauen führten die Proteste mutig an.

Leider hat diese Bewegung an Kraft verloren. Denn einerseits setzt das Regime wegen der äußeren Bedrohung immer mehr auf Unterdrückung. Andererseits wurde die Bewegung von den „Reformern“ um Khatami enttäuscht. Khatami war nicht bereit, die Menschen gegen die konservativen Mullahs zu mobilisieren, als sie Zeitungen verboten und Studentendemonstrationen zerschlagen ließen. Und selbst die Reformer, die nicht mit dem Regime zusammenarbeiten, haben die Forderungen nach Demokratie und Menschenrechten nie mit der sozialen Frage verbunden.

Heute leben über 30 Prozent der Iraner in Armut und Arbeitslosigkeit. Die Jugend hat keine Perspektive. Frauen werden unterdrückt. Tausende Arbeiter haben seit Monaten keine Löhne erhalten, obwohl der Iran wegen des hohen Ölpreises alleine im letzten Jahr 7,6 Milliarden Euro mehr eingenommen hat als erwartet.

Die Arbeiter und die Armen wollen diese Probleme gelöst sehen. Und sie wollen ebenso das Recht haben, zu demonstrieren und sich in Gewerkschaften, in Studenten- und Frauenorganisationen zusammenzuschließen. Für diese Rechte werden sie kämpfen.

Die Aktivisten im Iran haben zwei große Aufgaben vor sich: Sie müssen eine neue Massenbewegung aufbauen, indem sie die Forderungen nach Demokratie und nach sozialer Gerechtigkeit miteinander verbinden. Gleichzeitig müssen sie sich der militärischen Bedrohung von Außen entgegenstellen.

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