Der neue Schröder

Der zukünftige SPD-Vorsitzende Platzeck will seine Partei für mehr Sozialabbau gewinnen.


Beifall für unsoziale Politik: Platzeck unterstützte Schröder und dessen Agenda 2010 auch noch, als Zuhörer ihn im Landtagswahlkampf letztes Jahr deshalb mit Eiern bewarfen

Der Linkspartei-Vorsitzende Lothar Bisky hofft auf einen Politikwechsel der SPD durch deren zukünftigen Vorsitzenden Platzeck. Bisky: „Die Agenda 2010 ist eine wichtige Ursache für die letzten Wahlniederlagen der Partei. Die SPD hat jetzt eine Chance, die Dinge zu diskutieren und einen Kurswechsel vorzunehmen. Ich glaube, Platzeck wird diese Chance nicht links liegen lassen.“

Doch Platzeck sagte am 3. November in einem Interview: „Die Agenda 2010 ist ein richtiger Weg.“ Auch in der Vergangenheit hat Platzeck Schröders Sozialabbau unterstützt und als brandenburgischer Ministerpräsident umgesetzt.

Eine Woche nach der Wahl im September behauptete Platzeck im Handelsblatt, dass Wahlergebnis habe die Behauptung widerlegt, dass die rot-grüne Regierung „kein Mandat für ihre Reformpolitik der Agenda 2010“ gehabt habe: „Jede Stimme für die SPD bedeutet ein Votum für eine sozialdemokratische Politik der mutigen Reformen. Eindeutig ist: Wer sich am 18. September für Schröder und die deutsche Sozialdemokratie entschied, unterstützt die SPD nicht, obwohl, sondern weil sie den Weg der umfassenden Erneuerung unseres Landes eingeschlagen hat.“

In Wirklichkeit hatte die SPD das schlechteste Ergebnis bei Bundestagswahlen seit 1990. Seit Februar 2003 hat die Partei bei allen elf Landtagswahlen und der Europawahl Stimmen verloren.

Nur weil die SPD im Wahlkampf log, sie wolle „mehr Gerechtigkeit“, während die CDU eine höhere Mehrwertsteuer, Steuersenkungen für Reiche und die Schwächung des Kündigungsschutzes forderte, konnte die SPD ihre Verluste auf 2,3 Millionen Stimmen begrenzen.

Zuvor waren Zehntausende ausgetreten und Hunderttausende hatten – auch in Brandenburg – gegen die Agenda 2010 demonstriert. Trotzdem unterstützte Platzeck letztes Jahr im Landtagswahlkampf die Agenda. Die SPD fiel um 7,4 auf 31,9 Prozent. Die Linkspartei (damals PDS) bekam 28 Prozent.

Daraufhin gab der PDS-Fraktionsvorsitzende Bisky Platzeck die Chance für eine gerechtere Politik und führte Koalitionsgespräche mit der SPD. Doch die PDS lehnte eine Regierung mit der SPD ab: „Sie will den Haushalt des Landes zu Lasten der Kommunen, der Bildung und sozialer Mindeststandards konsolidieren. Dafür steht die PDS nicht zur Verfügung.“

Statt seine Politik zu ändern, setzte Platzeck lieber die große Koalition fort. Darin arbeitet er „eng und vertrauensvoll“ mit Innenminister Schönbohm vom rechten CDU-Flügel zusammen. Früher war Schönbohm Befehlshaber des Bundeswehrkommandos Ost.

Selbst als Schönbohm im August behauptete, die „Proletarisierung“ der Ostdeutschen sei die Ursache für die neunfache Kindstötung durch ihre Mutter, verteidigte Platzeck seinen Minister, während der sachsen-anhaltinische CDU-Verkehrsminister Daehre Schönbohm aufforderte zurückzutreten.

Gemeinsam mit Schönbohm stimmte Platzeck Schröders Sozialabbau im Bundesrat zu, seit er 2002 Ministerpräsident wurde. Sie sagten zum Beispiel Ja zur Praxisgebühr, zur Senkung des Spitzensteuersatzes und zu Hartz IV.

In Brandenburg beschenkten SPD und CDU Konzerne, während sie bei beim Sozialstaat kürzten. Sie unterstützten private Investitionen wie die geplante Chipfabrik in Frankfurt an der Oder, die Cargolifter-Halle im Spreewald und den Lausitzring mit Millionen Steuergeldern.

Nach deren Pleite ließen Platzeck und Schönbohm die Brandenburger dafür zahlen. Im öffentlichen Dienst will die Landesregierung bis 2009 7400 Stellen streichen.

In den Kitas müssen die Erzieher immer mehr Kinder betreuen, während das Land 2003 den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz einschränkte. Eine Volksinitiative gegen die Kita-Kürzungen mit über 150.000 Unterschriften wiesen Plateck und Schönbohm ab.

Möglicherweise will sich Bisky bei Platzeck beliebt machen, um mit ihm ab 2009 eine Bundesregierung bilden zu können. Aber mit dem neuen SPD-Chef ist keine Abkehr vom Sozialabbau möglich.

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