„… im Gegensatz globalisiert sich auch das historische Gedächtnis und der Ideenreichtum, sich zu organisieren. Verschiedene Gruppen müssen sich zusammen vernetzen und alle Art von Widerstand leisten“ sagt Ricardo, Mitglied des Obersten Streikrats der mexikanischen UNAM auf seiner Reise durch deutsche Universitätsstädte. Über neun Monate trotzten die Streikaktivisten der mit 270.000 Studenten größten Universität Lateinamerikas dem Vorhaben der Universitätsleitung nach Einführung von Studiengebühren, Zulassungsbeschränkungen, und dem allgemeinen Abbau und der Privatisierung eines Bildungssystems, das bisher Jugendlichen aus allen Schichten ermöglichte zu studieren. „Wir schließen die UNAM, damit sie für alle wieder geöffnet wird“ war ihr Wahlspruch. Geöffnet wurde die Universität schließlich am 6. Februar 2000 von einem Großaufgebot der militärischen Sonderpolizei, rund eintausend Studenten kamen in Haft.
Auf ihrem langen Weg haben die Studenten die wichtigsten ihrer Forderungen durchsetzen können und vieles verändert – auch sich selbst. Die MTV-Generation, die kritiklos und desinteressiert der Staatspartei PRI gefolgt war, zeigte ihre Wut über eine Politik, die ihr keine Perspektive mehr anbieten kann: Seit den 80er Jahren fielen die Reallöhne um 60%, 40% der Mexikaner gelten als arm. So wurden die Forderungen nach Rücknahme der Bildungs“reformen“ schnell verallgemeinert und wendeten sich gegen das gesamte neoliberale Projekt der Regierung. Radikale Ablehnung traf auch die Oppositionsparteien als Hort von „Korruption“ und „Verrat“, Solidarität gab es dagegen für die streikenden Elektrizitätsarbeiter und die Zapatisten in Chiapas.
Vor allem aber hat der Streik die Linke in Mexiko wiederbelebt. Die Debatten über Alternativen zu diesem System und die Frage der Organisierung haben den Ausstand überlebt und weit über die Universität hinaus ausgestrahlt. Eine neue Generation von Aktivisten ist entstanden.