Unabhängig von der SPD


Janine Wissler, Vorstand der WASG Hessen, kandidiert auf der Linkspartei-Liste fürs Parlament

Über 1300 Betriebsräte, Vertrauensleute und Gewerkschafter haben bereits nach drei Wochen den Aufruf für die Linkspartei „Gewerkschafter wählen links“ unterzeichnet. Das sorgt für Unruhe in den Chefetagen. Das Handelsblatt beschäftigt sich auf zwei Seiten mit dem Aufruf und ihren Unterstützern.

Je mehr Gewerkschafter sich links von der SPD engagieren, desto größer die Chance, dass die Unternehmer und die nächste Regierung mit weiteren Angriffen scheitern. Denn die SPD nutzt ihren Einfluss auf die Gewerkschaften seit Jahrzehnten dazu, die Arbeiterbewegung zu bremsen.

Das jüngste Beispiel: Als ab Frühjahr 2004 hunderttausende vor allem in Ostdeutschland bei den Montagsdemos gegen Hartz IV protestierten, erwarteten viele, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) werde sie unterstützen. Der DGB-Vorsitzende Sommer hatte bei einer Großdemonstration am 3. April 2004 gegen die „Agenda 2010“ vor 500.000 Protestierenden versprochen, die Zumutbarkeitsverschärfung durch Hartz IV nicht hinzunehmen.

Doch Sommer traf sich wieder mit der SPD-Spitze und weigerte sich, die Belegschaften zu mobilisieren. Er kapitulierte, weil er fürchtete, mit weiteren Großdemonstrationen und Streiks zu Kanzler Schröders Sturz beizutragen und der CDU an die Macht zu verhelfen. Die Montagsdemonstrationen blieben mit wenigen Ausnahmen auf Ostdeutschland beschränkt und reichten nicht aus, Hartz IV zu kippen.

Viele aktive Gewerkschafter haben 2004 der SPD den Rücken gekehrt und die WASG mitgegründet. Jeder und jede sollte jetzt helfen, mit dem Aufruf mehr Kollegen links von der SPD zu vernetzen. Denn wir können unsere Interessen nur selbst und ohne Rücksicht auf die SPD verteidigen. Auch wenn die SPD nach dem 18. September in die Opposition muss und dann wieder links reden sollte.

Ein Beispiel aus den 90er Jahren: Unter Kanzler Kohl haben sozialdemokratische Gewerkschaftsführer und Politiker zwar gegen die Kürzungspakete der CDU gewettert. Doch statt effektive Gegenwehr zu organisieren, wurden die Kollegen immer wieder auf die nächsten Wahlen vertröstet. Die SPD versprach, an der Regierung werde sie den Sozialabbau beenden. Das hat sie aber nie getan.

1997 schafften hingegen kämpferische Betriebsräte bei Daimler-Benz in Stuttgart einen Erfolg gegen Kohls Kürzungspaket. Sie organisierten einen wilden Streik, als der Konzern die gesetzlich erlaubte Kürzung der Lohnfortzahlung umsetzen wollte.

Die Bosse knickten ein. Die Führung der Gewerkschaft IG Metall gab dem Druck aus den eigenen Reihen nach, unterstützte den Streik und weitete ihn auf Bayern aus.

In ganz Deutschland wagte kein großes Unternehmen mehr, Kohls Gesetz anzuwenden. Die Wirtschaft wehrte sich auch nicht, als SPD-Kanzler Schröder das Gesetz strich.

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