Bernd Riexinger, Verdi-Geschäftsführer in Stuttgart, begründet, warum er für das Linksbündnis ist. Linksruck bringt Auszüge aus seinem Diskussionspapier.
Entscheidend ist für mich nicht in erster Linie die Sicht auf die Partei oder die PDS, die in den meisten ablehnenden Stellungnahmen zum Ausdruck kommt, sondern auf die Gesellschaft und die außerparlamentarischen Kräfte, wie die Gewerkschaften, Globalisierungskritiker, Gruppen der sozialen Bewegung die Teile der Bevölkerung, die weder rot-grün noch gelb-schwarz wählen wollen. Alle diese Kräfte sind heute in der Defensive vor den Angriffen der Arbeitgeberverbände und der politischen Elite. Die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse scheinen für viele kaum veränderbar, der neoliberale Block und die Anpassung an die Bedürfnisse des globalisierten Kapitalismus scheinen kaum aufzuhalten zu sein.
Ein linkes Bündnis, das bei der Bundestagswahl 6, 8 oder gar 10 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt, würde diese Stimmung nachhaltig aufbrechen. Es würde in die Gesellschaft hinein deutlich machen, dass mehrere Millionen Menschen der neoliberalen Einheitspolitik nicht mehr folgen wollen und bereit sind eine politische Alternative zu unterstützen. Bei aller Widersprüchlichkeit innerhalb dieses Bündnisses wäre die Botschaft, dass sich die Linke auf eine Politik gegen den Neoliberalismus verständigen kann und in der Lage ist den bestehenden Parteien ernsthafte Konkurrenz zu machen.
Ein Wahlbündnis, dass als gesellschaftliche Kraft und Alternative wahrnehmbar ist, wird neue Kräfte und eine neue Dynamik freisetzen. Die soziale Bewegung hat, nach einem wirklichen Aufschwung unter .anderem durch die Demonstrationen am 1. November 2003 und dem 3. April 2004 sowie den Montagsdemonstrationen, ihren vorläufigen Höhepunkt überschritten. Es gibt derzeit keine Bewegung und es wird meines Erachtens unter anderem vom Ergebnis der Bundestagswahl abhängen, ob sie wieder einen Aufschwung und Antrieb erhält oder nicht.
Die große Gefahr besteht sogar, dass nach einem Wahlsieg der CDU/FDP die Sozialdemokratie wieder verbal nach links gehen wird und insbesondere dann die Gewerkschaften wieder den Schulterschluss mit der SPD schließen, wenn die CDU/FDP wie angekündigt die Tarifautonomie zerstören und die Betriebsverfassung verschlechtern. Dann wird der Spielraum sowohl für die WASG als auch für diejenigen in den Gewerkschaften, die für die offensive Wahrnehmung des politischen Mandates und für die Loslösung von der SPD eintreten geringer. Das könnte kaum passieren, wenn sich ein ernstzunehmendes Linksbündnis auch parlamentarisch etabliert.
Die Alternative zum Linksbündnis ist, dass wir alleine antreten oder gar nicht. In beiden Fällen, befürchte ich, werden wir als ernstzunehmende politische Kraft nicht mehr wahrgenommen. Die Wahlalternative kann aus eigener Kraft das NRW-Wahlergebnis kaum oder nicht in großem Maße übertreffen. Der Einzug in den Bundestag würde flächendeckend, also auch in den konservativen Bundesländern, eine Verdreifachung der Stimmen erfordern, da die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen deutlich höher liegt. Das ist für eine Partei im Aufbau und weitgehend ohne Geld nicht zu leisten. Prominente Unterstützung würden wir in diesem Fall auch nicht erhalten. In der öffentlichen Wahrnehmung wären wir gescheitert.