Der öffentliche Dienst wird umgebaut. Für die Arbeiter und Angestellten bringt das nur Verschlechterungen.Die Angestellten im öffentlichen Dienst werden zurzeit massiv unter Druck gesetzt.
In der Tarifrunde 2004/2005 soll die so genannte Tarifrechtsreform beschlossen werden. Bisher war die Bezahlung im öffentlichen Dienst an die Beamtenvergütung angelehnt. Diese Kopplung (BAT) soll aufgehoben werden. (mehr zur Tarifrechtsreform im Interview unten).
Die Reform soll Ende 2006 in Kraft treten. Bis dahin verlangen der Bund und die Kommunen, die mit ver.di über diese Reform verhandeln, eine Nullrunde und das bedeutet sinkende Reallöhne.
Die Bundesländer haben, angeführt vom Berliner SPD-PDS- Senat, schon den bundesweiten Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst abgeschafft. Künftig werden zwischen den Bundesländern größere Unterschiede möglich sein.
Hier stehen einige Konflikte an: Die CDU-Regierungen in Hessen und Baden-Württemberg wollen die Arbeitszeit der Angestellten im öffentlichen Dienst auf 42 Stunden verlängern. Für Beamte gilt diese Verlängerung schon. Andere Länder wollen folgen.
Eine flächendeckende Verlängerung der Arbeitszeit auf 41 Stunden würde bedeuten, dass 150.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden können. Die Gewerkschaft ver.di fürchtet, dass diese Stellen durch die Ein-Euro-Jobs ersetzt werden, die ab Januar mit Hartz IV eingeführt werden.
Was die Ein-Euro-Jobs bringen, zeigt heute schon die Entwicklung der so genannten Minijobs. Die Minijobs mit Löhnen bis zu 400 Euro im Monat ersetzen normale Arbeitsverhältnisse.
Minijobs schaffen keine Arbeitsplätze, sie vernichten sie, wertet ver.di-Chef Bsirske die bisherige Erfahrung aus. Allein im Einzelhandel sind in einem Jahr 227.000 reguläre Arbeitsplätze weggefallen, während die Zahl der Minijobs im gleichen Zeitraum um 176.000 auf 835.000 gestiegen ist.. Die Bundesknappschaft, eine Krankenversicherung für Bergarbeiter, zählte Ende September in Deutschland 8,4 Millionen so genannte geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, 400.000 mehr als noch im Juni.
Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Sommer, will die Minijobs darum abschaffen. Er meint: Die Entwicklung der Minijobs hat unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Es werden keine neue Arbeitsplätze geschaffen, es werden bestehende Stellen massenhaft aufgespalten in viele kleine Jobs. Diese Einschätzung teilt auch der Würzburger Ökonomieprofessor Bofinger, einer der so genannten Wirtschaftsweisen, die die Bundesregierung beraten.
Minijobs sind das Haupthindernis dafür, dass Arbeitslose mit geringer Qualifikation wieder einen regulären Arbeitsplatz fänden, sagt er. Die derzeit acht Millionen geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse entsprechen laut Bofinger zwei Millionen Vollzeitarbeitsplätzen.
Der öffentliche Dienst steht zudem unter dem Druck privater Konzerne, die viele Dienstleistungen, die heute noch öffentlich sind, privat anbieten wollen. Sie sehen das Gesundheitssystem, die Wasserversorgung oder den Nahverkehr als Märkte an, auf denen sie künftig Profite machen wollen.
In einem Strategiepapier über die Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme schrieb die Deutsche Bank 2003: Um das in Lissabon beschlossene Ziel des dynamischsten Wirtschaftsraumes zu erreichen, ist die EU auf diese Dienstleistungsmärkte mit großem Innovations- und Wachstumspotential angewiesen.
Die Bundesregierung ermöglicht diese Privatisierungen, weil sie wachsende Gewinne für deutsche Konzerne bringen. Die Regierung hat in der Welthandelsorganisation (WTO) das Dienstleistungsabkommen GATS unterzeichnet.
GATS sieht unter anderem vor, dass private Anbieter mit Billigtarifen gegen den öffentlichen Dienst um Aufträge konkurrieren dürfen. Das Abkommen schreibt vor, dass der Staat Strafen zahlen muss, wenn er nicht dem billigsten Anbieter den Zuschlag gibt.
Für Mitarbeiter bringen Privatisierungen sinkende Löhne und Stellenabbau; für die Kunden bedeuten sie steigende Gebühren. Diese Erfahrung haben schon viele Arbeiter und Angestellte gemacht.
Zum Beispiel bei der Bundesbahn: Seit ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1994 hat der Konzern DB AG bis Anfang 2004 170.000 Arbeitsplätze gestrichen. Weitere 30.000 wurden in der Zuliefererindustrie zerstört.
Auch die Berliner Wasserbetriebe haben nach ihrer Privatisierung tausende Arbeitsplätze abgebaut und zum Jahresbeginn 2004 ihre Wasserpreise um 15 Prozent erhöht, um die Profitrate von 8 Prozent zu erreichen, die das Land den privaten Aktionären garantiert.
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