Ihre Partei sei nun endlich wieder im Aufwind, verkünden die SPD-Führer. Woher kommt der Stimmungswechsel?
Die gewonnenen Stimmen bei den Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen können es nicht sein, die Anlass zum Optimismus in der SPD geben. Luft hat ihr verschafft, dass die CDU noch mehr Federn lassen musste.
Was kümmert es eine Volkspartei, dass ihr weitere Wähler davonlaufen, wenn nur die andere Volkspartei noch mehr Verluste erleidet? Beim Machtspiel der Konkurrenten kommt es nicht auf Stimmen an, sondern auf Anteile der abgegebenen Stimmen. Da macht es nichts aus, dass im Durchschnitt rund die Hälfte des Wahlvolks, auf die Stimmabgabe verzichtet.
Die SPD-Führung war es, der die deutsche Wirtschaftselite den Durchbruch bei der Attacke auf den Sozialstaat verdankt. Ohne einen SPD-Kanzler hätte es gegen diese Operation weitaus früher und viel mehr Widerstand gegeben.
Die SPD-Führung war es, die der TINA-Legende ihre Wirkung verschaffte: There Is No Alternative es gibt keine Alternative. Den sozialen Errungenschaften der historischen Arbeiterbewegung müsse im Zeitalter der Globalisierung der Garaus gemacht werden, da bleibe keine andere Wahl.
Offenbar hatte die Schröder-Mannschaft geglaubt, das bisherige sozialdemokratische Publikum werde ihr diese Version ohne viel Murren abnehmen. Doch es kam zu Stimmenverlusten großen Umfangs, zu außerparlamentarischem Protest, zur Ankündigung einer linken Wahlalternative.
Angesichts dessen griff die SPD-Spitze zu einem neuen Marketing-Konzept: Mögliche Nachbesserungen der Gesetze werden versprochen, von einer sozial ausgleichenden Bürgerversicherung ist die Rede.
Aber das ändert nichts an der Stoßrichtung: Die Umverteilung von Geld, Einfluss und Machtstatus von unten nach oben, zugunsten des großen Kapitals soll weiter vorangehen.
Um dabei auch in Zukunft regieren zu können, verbreitet die SPD-Führung jetzt eine weitere TINA-Legende: Wer sich wünsche, dass es bei diesem Umsturz der Sozialordnung nicht allzu grausam zugehe, der müsse auf die Sozialdemokratie setzen. Wer das größere Übel CDU verhindern wolle, der habe keine andere Wahl als das kleinere Übel SPD.
Die SPD also als schmerzlinderndes Mittel? Klingt bescheiden, ist aber trickreich. Die soziale Opposition wird sich mit dieser neuen Taktik auseinandersetzen müssen. Die entscheidende Frage ist, ob es gelingt, öffentlich klarzustellen: Da ist eine Alternative.