Hafenarbeiter: Sieg gegen Privatisierer

Wie man den Verkauf öffentlichen Eigentums stoppt, haben die Hamburger Hafenarbeiter kürzlich demonstriert.

Politiker der an der Berliner Landesregierung beteiligten Linkspartei.PDS behaupten, der Verkauf der Berliner Sparkasse sei unumgänglich. Das Bieterverfahren dürfe nicht gestoppt werden. Doch es ist möglich, den Verkauf öffentlicher Unternehmen zu stoppen. Hamburgs Hafenarbeiter haben das kürzlich demonstriert.

Der Hamburger CDU-Senat hat wegen ihres Widerstandes eine derbe Niederlage einstecken müssen: Aus seinem Plan, 49 Prozent des städtischen Hafenbetreibers HHLA an private Investoren zu veräußern, wird nichts. Mehrere Dinge haben zum Sieg der Hafenarbeiter geführt, erklärt der Betriebsratsvorsitzende der Gesamthafenarbeiter, Bernt Kamin, gegenüber Linksruck. „Nach den negativen Erfahrungen mit Privatisierungen in den letzten Jahren hatten wir die Bürgerinnen und Bürger auf unserer Seite.“ Der Hafen ist für die Stadt ein Symbol. Und das wollten die Menschen nicht verscherbelt sehen.

„Das Wichtigste allerdings für unseren Erfolg ist gewesen, dass wir alle zusammen gestanden haben“, sagt er. „Nicht nur die betroffenen Kollegen der HHLA haben dem Senat klar gemacht, dass sie entschlossen sind, den Betrieb des Hafens empfindlich zu stören. An ihrer Seite haben auch die Arbeiter der nicht betroffenen Betriebe gestanden. Sie haben sich an Protestaktionen beteiligt und dabei ebenfalls die Arbeit niedergelegt.“

Der Hafen ist eine wichtige Schnittstelle für den Gütertransport. Wenn die Terminals nicht laufen, können die Schiffsladungen nicht gelöscht werden. Die Terminals sind wichtige Hafenanlagen, an denen die Frachtcontainer von Schiffen auf Lkw oder Bahn umgeladen werden. Werden sie lahmgelegt, stauen sich die Lkw, die die Güter aufnehmen sollen und blockieren die Autobahn. Genau das passierte, als die Hafenarbeiter in die Stadt zogen, um zu protestieren. „Mehrmals lief für Stunden nichts mehr“, berichtet Bernt, „die HHLA leistet zwei Drittel des Containerumschlags.“

Einen vollen Streik haben Senat und Bosse nicht riskieren wollen. Das Bieterverfahren für den Verkauf von fast der Hälfte der HHLA hat der Senat letztlich gestoppt, weil sich die Arbeiter geweigert haben, weiterhin Überstunden zu leisten. Laut Betriebsrat ist das für den Hafenbetrieb kritisch, weil die HHLA rund ein Drittel der Arbeit mit Überstunden abdeckt.

Der Erfolg der Hafenarbeiter ist nicht vom Himmel gefallen. Die dafür nötige Entschlossenheit und die über alle Hafenbetriebe hinweg bestehende Solidarität der Arbeiter ist über Jahre hinweg aufgebaut worden. Am Beginn stand eine Niederlage der Arbeiter, berichtet Bernt: „Vor Jahren hatten wir einen Konflikt im Hamburger Hafen, als niederländische Schlepper reinkamen, um die Containerschiffe zu Dumpingpreisen einzuschleppen. Wir haben Aktionen dagegen organisiert und unter anderem das größte Containerschiff der Welt, die Regina Maerks, blockiert. Da ist die Maerks-Reederei zur HHLA gegangen und hat gedroht: Wenn die Schiffe weiter blockiert werden, dann wickeln wir künftig die Containerverladung komplett im niederländischen Rotterdam ab. Die HHLA sagte es dem Betriebsrat, der Betriebsrat den Kollegen, und danach sind die Aktionen zusammengebrochen.“

Ohne internationale Zusammenarbeit der Hafenarbeiter werden sie von den Unternehmern gegeneinander ausgespielt. Diese Lektion haben die Hafenarbeiter gelernt. Als es von Seiten der EU Angriffe auf die europäischen Hafenarbeiter gab, stellte der Dachverband der Transportarbeiter ITF eine internationale Arbeitsgruppe zusammen. Diese koordinierte die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg.

Zwei Mal haben die EU-Kommission, Schiffseigner und Transportkonzerne versucht, so genannte „Port Package“-Richtlinien zu verabschieden. Danach hätten zum Beispiel Schiffe auch von Seeleuten oder Zeitarbeitskräften be- und entladen werden können statt von dafür ausgebildeten Hafenarbeitern. Die europaweiten Folgen wären Lohndumping, mehr Arbeitsunfälle und weniger soziale Leistungen gewesen. Und zwei Mal sind EU und Bosse am internationalen Widerstand der Arbeiter gescheitert. Bernt Kamin war Mitglied der internationalen Arbeitsgruppe der ITF. In einem Interview mit Linksruck berichtete er über die Proteste im November 2003: „Wir haben sichergestellt, dass nicht nur in Hamburg protestiert wird, sondern auch in Rotterdam und anderen Häfen. So haben wir die Bosse ausgehebelt und gewonnen.“

Der zweite Versuch der EU, eine solche „Port-Package“-Richtlinie zu verabschieden, gipfelte im Januar 2006 in einem Streik von 40.000 Hafenarbeiter aus 12 Ländern. „Jeder Schiffseigner, der versucht, seine Schiffe mit eigenem Personal gegen den Willen der Hafenarbeitergewerkschaften zu be- oder entladen, muss damit rechnen, dass seine Schiffe weltweit boykottiert werden“, sagte Bernt damals gegenüber Linksruck: „Auch aus den USA und Australien sind Delegationen von Hafenarbeitern angereist und haben an unserer Protestkundgebung vor dem EU-Parlament teilgenommen. Sie sind solidarisch gewesen und haben uns unterstützt. Denn sie wissen genau: Wenn ihre europäischen Kollegen verlieren, wären sie die nächsten gewesen. Dass sie die weite Reise unternommen haben, war ein großartiges Gefühl für die europäischen Kollegen.“

Die vergangenen Erfolge haben es leichter gemacht, den Teil-Verkauf der HHLA zu verhindern. Begründet hatte der Hamburger Senat seine Pläne mit dringend notwendigen Investitionen sowohl für die HHLA selbst als auch für den Hamburger Hafen als Ganzes. „Die Argumente des Senates sind falsch“, wehrt Bernt ab. „Was die HHLA betrifft, muss man zunächst einmal feststellen, dass sie auch für die Stadt ein profitables Unternehmen ist. Die HHLA macht einen Gewinn von 100 Millionen Euro. In den letzten drei Jahren hat sich der Gewinn jeweils verdoppelt. Und Experten sagen, dass er auch weiterhin steigen wird. Die HHLA kann nötige Investitionen selbst aufbringen, sie braucht keinen privaten Investor.“

Ganz krude war die Behauptung des Senates, der Verkauf sei nötig, um Geld für den Hafenausbau einzubringen. „Richtig daran ist allein, dass Investitionen in den Hafen notwendig sind. Doch warum sollte deswegen die HHLA verkauft werden? Für den Hafenausbau ist die Hafenentwicklungsgesellschaft Port Authority zuständig, die nicht dem Senat untersteht. Sie erhebt zum Beispiel Gebühren. Mit anderen Worten: Unternehmen, die den Hafen nutzen und damit Profite machen, zahlen. Diese Unternehmen profitieren von einem Ausbau des Hafens. Wieso also sollen Unternehmen, die mit dem Hafen Gewinn machen, auch noch mit öffentlichen Geldern subventioniert werden?“

Die Gefahr einer Privatisierung ist allerdings für die Zukunft noch nicht gebannt. Denn das Verhandlungsergebnis zwischen Senat und der Gewerkschaft ver.di sieht vor, dass 30 Prozent der HHLA an die Börse gehen. Um zu verhindern, dass über diesen Weg doch noch ein großer Privatinvestor Zugriff auf den Hafenbetreiber erhält, hat ver.di darauf bestanden, dass die Aktien als Streubesitz an möglichst viele Aktionäre verkauft werden. Das könnte dennoch zu einem Einfallstor für zukünftige Privatisierungsangriffe werden.

Zwar wäre es wünschenswert gewesen, auch den teilweisen Börsengang zu verhindern. Doch das Risiko für die Kollegen, bei einer weiteren Eskalierung des Konfliktes zu verlieren, schien zu hoch. Denn sowohl innerhalb der Gewerkschaft als auch unter den Kollegen gibt es unterschiedliche Positionen. Ursprünglich hatten zuständige Teile der ver.di-Führung gesagt, dass sie mit einem Verkauf von 49 Prozent der HHLA leben könnten. Viele der betroffenen Hafenarbeiter waren damit aber nicht einverstanden. Auf einer Gewerkschaftskonferenz gaben die ver.di-Funktionäre ihre Position schließlich auf, als klar wurde, dass die HHLA-Kollegen entschlossen waren, gegen einen Teilverkauf zu kämpfen.

Die Angst der HHLA-Arbeiter war, dass der Verkauf an private Großinvestoren zur Vernichtung von Arbeitsplätzen, zu schlechteren Arbeitsbedingungen und niedrigeren Löhnen geführt hätte. Jetzt ist der Verkauf abgeblasen und die größte Gefahr vorerst gebannt. Aber es sind weitere Diskussionen darüber nötig, wie es nach dem Börsengang weitergehen soll.

Bernt Kamin sieht die Notwendigkeit, über den Hafen hinaus Belegschaften aller öffentlichen Unternehmen im Widerstand gegen Privatisierungen enger zu vernetzen: „Auf der ver.di-Landeskonferenz am 22. April wird der Vorschlag diskutiert, ein koordinierendes Gremium für die Interessenvertreter aller öffentlichen Unternehmen zu bilden. Wir sollten eine Plattform schaffen, wo Vertrauensleute und Betriebsräte beraten können, wie man Privatisierungen verhindert. Es geht auch darum, eine ständige Diskussion über öffentliches Eigentum zu führen. So etwas gibt es in Wuppertal und Kassel schon. Wir müssen verhindern, dass der Senat Stück für Stück alles verkauft.“

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