Lebendige und toll gespielte Geschichte aus dem Deutschland der 50er Jahre.Armer Sönke Wortmann. Er hat einen wirklich sehenswerten Film gedreht, aufgebaut rund um den Sieg der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM 1954 in der Schweiz. Dann hat die Bild-Zeitung "Das Wunder von Bern" zum Anlass genommen, nach einer nationalen Kraftanstrengung zu rufen, um ein neues Wirtschaftswunder in Deutschland zu schaffen. Auch Schröder und Stoiber finden den Film toll. Aber dafür kann der Film nichts.
Angeblich haben alle Deutschen in den 50ern fest zusammen gehalten, um das zerstörte Land wieder aufzubauen. Der Film zeigt aber ein ganz anderes Bild. Im Mittelpunkt steht die Geschichte der Familie Lubanski.
Familie Lubanski lebt in Essen in einer Bergarbeitersiedlung, die Wortmann in schmutzigen grauen Farben zeigt. Seitdem ihr Mann Richard in russischer Kriegsgefangenschaft ist, bringt die Mutter Christa ihre drei Kinder alleine durch. Sie hat eine Kneipe aufgemacht; ihre Tochter Ingrid hilft als Bedienung. Auch die Söhne Bruno und Matthias steuern ihre geringen Verdienste zur Haushaltskasse bei.
Das Leben ist hart im Ruhrpott 1954. Fußballspielen ist für die Kinder der wichtigste Zeitvertreib. Darum ist der jüngste Sohn Matthias, die Hauptfigur, stolz, dass er Helmut Rahn, Stürmer sowohl bei Rot-Weiß Essen als auch in der Nationalmannschaft, die Tasche zum Training tragen darf.
Eine ganz andere Beziehung zum Fußball hat Paul Ackermann, Fußballreporter der Süddeutschen Zeitung. Für ihn ist es ein Sprung nach oben auf der Karriereleiter, von der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz berichten zu dürfen. Er und besonders seine reiche Frau Annette stehen für die andere Seite der 50er Jahre: die der reichen Deutschen. Für Annette ist Fußball "Elend". Die beiden leben in einer schön bunt gefilmten Wohnung wie aus einem Einrichtungskatalog der 50er Jahre, wohnen in der Schweiz im teuersten Hotel und planen Reisen nach Nordafrika.
Während sich die Nationalmannschaft auf die WM vorbereitet, verändert sich das Leben der Lubanskis: Der Vater kehrt aus Russland heim. Das stürzt die Familie in eine Krise.
Matthias wendet sich von seinem Vater ab, weil der ihn nach den Grundsätzen erziehen will, die er unter den Nazis aufgenommen hat: "Ein deutscher Junge weint nicht." Bruno ist Kommunist und wirft seinem Vater die Naziverbrechen vor. Ingrid nutzt die wenige Zeit, die ihr neben der Arbeit bleibt, um zu tanzen. Aber ihr Vater verbietet ihr, mit den Soldaten der Besatzungsarmeen auszugehen.
Seine Frau erträgt es nicht lange, dass Richard ihr aller Leben umkrempeln will. Die Szene, in der sie sich wehrt, gehört zu den stärksten des Films. Doch Wortmann zeigt den Vater nicht als Tyrannen, sondern als haltlosen, zerstörten Menschen, der sich an alten Grundsätzen festhält, die seine Familie aber zurückweist.
Ob gewollt oder nicht, das WM-Turnier bildet nur den Rahmen für die Geschichte der Lubanskis. Darum bleibt die auch viel stärker im Gedächtnis als die toll nachgespielten Fußballszenen.
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