Lara Al-Shab ist amerikanische Anti-Kriegs-Aktivistin. Ihre Eltern stammen aus dem Libanon. Die letzten Monate war sie in Libanon und Syrien und sprach mit Linksruck über ihre Eindrücke.
Lara, was denken die Menschen im Nahen Osten über die Besatzung des Irak?
Die Ablehnung ist überwältigend wie beim Krieg auch. Die Stimmung gegen die Amerikaner ist so stark, das McDonalds im Libanon im März Schilder mit der Aufschrift "Wir sind auch gegen den Krieg" in die Schaufenster brachte.
Was war dein Eindruck von der Bewegung im Nahen Osten?
Eine neue Generation von Aktivisten entsteht. Über Jahrzehnte waren Aktivisten meist in den großen Verbänden organisiert bei den islamischen Gruppen oder bei den Kommunisten. Das war die einzige Möglichkeit, aktiv zu sein. Diese Gruppen waren aber sehr starr. Die meisten jungen Leute, die ich getroffen habe, wollen nicht zu diesen Gruppen gehen.
Deshalb entsteht eine neue, unabhängige Linke. Ich war bei Indymedia Beirut (unabhängiges Medienzentrum, d. Red.) und habe fantastische Leute getroffen. Sie haben eine Reihe von Konzerten und Filmfestivals organisiert gemeinsam mit den Schwulen- und Lesbengruppen in Beirut. So etwas hatte es vorher nicht gegeben. Ich habe auch gehört, dass sich in Beirut eine Attac-Gruppe gründen will.
Wie drückt sich die Ablehnung der Besatzung aus?
Zurzeit gibt es keine großen Demonstrationen. Die letzte größere Demonstration im Libanon war am 15. Februar, am weltweiten Aktionstag.
Dafür haben Boykottkampagnen im gesamten Nahen Osten einen riesigen Erfolg. Boykottiert werden Konzerne, die Symbole für den amerikanischen Kapitalismus sind, wie McDonalds oder Coca-Cola. Hauptziel sind aber Konzerne, die Israel unterstützen.
Ist die Solidarität mit den Palästinensern ein wichtiges Thema?
Das wichtigste. Es ist unmöglich, im Nahen Osten politisch aktiv zu sein, ohne Position auf Seiten der Palästinenser zu beziehen.
Das hat auch eine sehr praktische Seite. Natürlich steht die Entrechtung der Palästinenser durch die israelische Besatzung im Mittelpunkt der Boykottkampagnen. Gleichzeitig werden aber die Palästinenser außerhalb Palästinas entrechtet nämlich durch die Regierungen der arabischen Länder.
Die Bedingungen in den Flüchtlingslagern sind schlimm. Es gibt kaum Strom und Wasser. Palästinenser dürfen nicht im Libanon arbeiten und haben keine Bürgerrechte. Deshalb organisieren Aktivisten auch praktische Hilfe für Palästinenser im Libanon Suppenküchen und ähnliches.
Du gehst wieder zurück in die USA. Was nimmst du von der Reise durch den Nahen Osten mit zurück?
Ich will zuhause erzählen, dass wir eine gemeinsame Bewegung sind. Die Aktivisten, die ich in den arabischen Ländern kennen gelernt habe, unterscheiden sich nicht von den Aktivisten in Europa und den USA.
Ich denke, wir dürfen nicht das Bild haben, dass wir im Westen stellvertretend für die Millionen in den ärmeren Ländern handeln. Auch dort gibt es Bewegung, auch dort gibt es Aktivisten. Wir gehören zusammen.