Die peruanische Regierung hat drei Viertel der Armee mobilisiert um gegen streikende Arbeiter und Studenten vorzugehen.
Standpunkt: Entzauberte HoffnungsträgerDer peruanische Präsident Toledo war vor zwei Jahren durch eine Welle von sozialen Protesten ins Amt gespült worden. Jetzt setzt er die Armee gegen seine eigenen Anhänger ein. |
Seit dem 28. Mai herrscht in Peru der Ausnahmezustand. Demonstrationen sind verboten, Armee und Polizei patrouillieren in den Straßen. Soldaten erschossen einen 23-jährigen Studenten bei der Räumung einer besetzen Universität in der südperuanischen Stadt Puna. Über 70 Menschen wurden verletzt.
Präsident Alejando Toledo sagt, der Ausnahmezustand sei notwendig, "um Investitionen, Wachstum und Beschäftigung zu sichern".
Tatsächlich will Toledo mit dem Armeeeinsatz eine Protestwelle zerschlagen, die immer breitere Teile der Bevölkerung erfasst.
Begonnen hatten die Proteste mit einem landesweiten Lehrerstreik am 12. Mai. Der durchschnittliche Lohn von Lehrern liegt bei umgerechnet 160 Euro im Monat. Die Lehrer forderten eine Erhöhung um 60 Euro.
Der Streik der 300.000 Lehrer erhielt massiven Zulauf, nachdem die Regierung die Forderungen ablehnte. Landarbeiter schlossen sich an und protestierten gegen die Privatisierung der Wasserversorgung. Angestellte im Gesundheitswesen forderten höhere Löhne.
Die Regierung Toledo war vor zwei Jahren nach dem Sturz des Diktators Alberto Fujimori an die Macht gekommen. Damals genoss sie die breite Unterstützung linker Parteien und der sozialen Bewegung. Toledo ist der erste Präsident indianischer Abstammung in Lateinamerika.
Doch Toledo hielt seine Versprechen, die Lebensbedingungen zu verbessern, nicht. Stattdessen führte er auf Druck der USA und des Internationalen Währungsfonds die neoliberale Politik seines Vorgängers weiter.
Peru hatte 2002 das höchste Wirtschaftswachstum und gleichzeitig das niedrigste Lohnniveau Lateinamerikas. Nur zehn Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung haben noch einen festen Job. Die verarbeitende Industrie ist nach 12 Jahren radikaler Liberalisierung durch die Konkurrenz aus den großen Industriestaaten zerstört worden.
Die Landwirtschaft ist ebenfalls am Ende. Der ehemalige Zuckerexporteur Peru importiert heute 50 Prozent des Eigenverbrauchs.
Und selbst die vorbildliche Wachstumsrate von 5,2 Prozent ist ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche: Wenn nur eine große Mine neu in Betrieb geht, erzeugt allein das ein Wachstum von über einem Prozent.