Der US-Bombenterror nimmt kein Ende. Ein Bericht über das alltägliche Grauen.
Bagdad wird ausgehungertDer Zynismus des US-Militärs gegenüber der irakischen Bevölkerung offenbart sich auch an den Plänen zur Eroberung Bagdads. Um die Fünfmillionenstadt einzunehmen, will das US-Militär die Stadt einkesseln und aushungern. Strom- und Wasserversorgung für die Bevölkerung sollen zerstört werden. |
Der Horror des Krieges hat den 12-jährige Ali Ismaeel Abbas im Schlaf getroffen. Eine Rakete sprengte sein Haus in Bagdad und riss dem Jungen beide Arme ab. "Mein Vater, meine Mutter und mein Bruder sind tot. Meine Mutter war im fünften Monat schwanger", erzählt er. Dabei laufen ihm die Tränen über das Gesicht.
Seine Tante, drei Vettern und drei andere Verwandte starben ebenfalls bei dem Raketenangriff. "Unser Haus war doch so armselig. Warum haben sie uns bombardiert?" Ali versteht die Welt nicht mehr.
Der 12-jährige weiß nicht, wie er als Behinderter seinen Lebensunterhalt verdienen soll. "Kannst Du mir helfen, künstliche Arme zu bekommen?" fragt er verzweifelt einen Journalisten, der den Jungen im Krankenhaus interviewt. "Wenn ich keine neuen Arme bekommen kann, dann bringe ich mich um."
Ali ist kein Einzelfall. Was die "intelligenten" Bomben des US-Militärs anrichten, beschreibt der leitende Arzt des Yarmouk-Krankenhauses in der irakischen Hauptstadt kurz nach einer Bombardierung angeblich militärischer Ziele: "Da war überall Blut. Jede halbe Stunde mussten wir den Krankenhausflur reinigen. Die Krankenwagen sind ohne Unterbrechung angekommen und wieder abgefahren, um neue Verletzte zu bringen. Wir haben stundenlang gearbeitet ohne Pause. Wir hatten selbst keine Zeit, einen Schluck Wasser zu trinken."
Imam Ali, eine 23-jährige Frau windet sich in ihrem Krankenbett vor Schmerzen. Metallsplitter einer Rakete haben ihren Bauch durchschlagen. Rossel Salam ist gerade einmal zehn Jahre alt. Das Mädchen hat Brustverletzungen und einen gebrochenen Arm. Eine Lunge ist kollabiert und sie hat innere Blutungen. Die Knochen des gebrochenen Armes haben das Fleisch durchstoßen.
Donna ist eine australische Anti-Kriegsaktivistin, die mit ihrem Körper eine Fabrik zur Wasserversorgung in Bagdad vor Bombardierungen beschützt. Sie berichtet: " Ich habe ein Krankenhaus besucht. Dort liegen viele schwangere Frauen, die wegen der Wucht der Bombenexplosionen Fehlgeburten hatten."
Im zivilen Wohnviertel Al-Kadissa klafft ein über 10 Meter tiefer Krater, wo früher Häuser standen. Überall liegen Schutt, Hausrat, zerfetzte Kleidung.
Wie viele Menschen das amerikanische und britische Militär bisher ermordet haben, ist nicht bekannt. Aber allein bei dem letzten Vorstoß auf Bagdad am 5. April sind 3.000 Iraker gestorben. Das gab Jim Wilkinson, Sprecher des US-Oberkommandos, bekannt.
Auch wer die US-Truppen trotzdem als Befreier begrüßt, ist seines Lebens nicht sicher. Eigentlich wollte er mit seiner Familie bei den US-Truppen Schutz suchen, sagt Hassan. Er habe einem Flugblatt vertraut, das ein amerikanischer Hubschrauber abgeworfen habe. Darin wurde all jenen Sicherheit versprochen, die vor Hussein fliehen.
Als Hassan und seine Familie mit ihrem Kleinbus einen amerikanischen Kontrollposten in der Nähe von Kerbala erreichten, winkten sie den US-Soldaten zu. Doch diese eröffneten das Feuer.
"Ich sah, wie die Köpfe meiner beiden kleinen Mädchen abgerissen wurden", erzählt Hassans Frau Lamea. Die eine Tochter war fünf Jahre alt, die andere erst zwei. Auch der dreijährige Sohn ist erschossen worden. Außerdem zwei Brüder Hassans, deren Ehefrauen und zwei Nichten im Alter von 12 und 15 Jahren. Hassans Vater ist später im Krankenhaus an den schweren Verletzungen gestorben.