Am 4. Juli startet in Berlin ein Volksbegehren gegen die Umverteilung von Milliarden von Euro. Jan Maas sprach mit Peter Grottian von der Initiative Berliner Bankenskandal.
Stichwort: BankgesellschaftDie Gründung der Bankgesellschaft war eine Initiative des Berliner Senats 1994. Er wollte aus verschiedenen kleinen Banken und Sparkassen einen international konkurrenzfähigen Finanzkonzern machen. Tochtergesellschaften der Bankgesellschaft boten Politikern und Reichen Immobilienfonds mit unüblich sicheren Garantien an. |
Am 4. Juli startet ihr in Berlin ein Volksbegehren. Worum geht es dabei?
Wir haben zwei Ziele. Zum einen wollen wir das Risikoabschirmungsgesetz kippen, das die Berliner schlimmstenfalls 21,6 Milliarden Euro kosten wird.
Zum anderen wollen wir eine Neukonstruktion der Berliner Bankgesellschaft. Die jetzige Konstruktion ist unserer Meinung nach nur eine Fortführung der alten Bankgesellschaft, die mit dubiosen Geschäftspraktiken Milliarden Verluste für das Land Berlin produziert hat.
Ihr braucht viele Unterstützer dafür. Wie wollt ihr die sammeln?
Wir brauchen 25.000 Unterschriften, damit das Volksbegehren zugelassen wird. Diese erste Stufe ist Teil einer breiteren Strategie. Wir wollen den Bankenskandal wieder politisieren.
Für die zweite Stufe brauchen wir 285.000 Unterschriften. Da haben wir nur eine Chance, wenn es uns gelingt, uns mit anderen Initiativen und Gruppen zu verbinden: mit allen, die den Skandal wegen seiner sozialen Auswirkungen nicht hinnehmen wollen.
Wir wollen einen Protest vom Zaun brechen, der die Politik in den Grundfesten erschüttert.
Was für Initiativen und Gruppen wollt ihr ansprechen?
Wir sind als Initiative darauf angewiesen, dass Andere das Volksbegehren mittragen. Wir werden Veranstaltungen nutzen, wir werden Anzeigen schalten und dann versuchen, das Begehren mit Hilfe der außerparlamentarischen Opposition unter die Leute zu bringen.
Dann soll sich unser Protest im Herbst mit studentischem Protest, sozialem Protest und dem Protest kritischer Gewerkschafter verbinden. Dazu wollen wir uns mit der Initiative für ein Berliner Sozialforum verbinden, das ein breites Bündnis anstrebt.
Was macht die Initiative für ein Berliner Sozialforum?
Der relative Erfolg der internationalen Bewegung hat keinen Unterbau in Deutschland. Das ist anders als in Italien oder Frankreich. Einen Unterbau schaffen wir nur, wenn es lokale Sozialforen gibt, als Orte, wo sich viele unter einem weit gespannten Dach sammeln können.
Wir wollen ein politisches Bündnis von Gewerkschaften bis zu autonomen Projekten schmieden, das im Herbst zu zwei Anlässen zusammenkommt: wir wollen alle zum Widerstand gegen den Berliner Haushalt 2004/05 zusammenfassen und dann zum Europäischen Sozialforum in Paris im November mobilisieren.
Welche Rolle kann ein Sozialforum spielen?
Drei Elemente müssen zusammenkommen. Erstens brauchen wir eine intelligente und kreative Analyse von dem, was ist. Zweitens müssen mehr Alternativen auf den Tisch. Und drittens brauchen wir Regeln verletzende Konflikte, die die ersten beiden Punkte unterstützen.
Was für Konflikte?
Zum Beispiel plant der Senat, Sozialhilfeempfängern den Zuschuss zu den Nahverkehrsfahrkarten zu streichen. Das ist blanker Zynismus von einem rot-roten Senat. Dagegen kann man sich nur wehren, wenn Aktivisten befürworten, dass massenhaft schwarzgefahren wird.
Sind Volksbegehren und Sozialforum nur Berliner Themen?
Seit dem letzten Europäischen Sozialforum in Florenz gibt es Versuche, auch in Deutschland lokal Protest zu entwickeln. Bis zum Herbst wird es wohl nicht mehr als 6 oder 8 Städte mit solchen Sozialforen geben, und die werden sehr verschieden sein. Wir haben die Verbindung zwischen internationaler Bewegung und sozialer Bewegung in Deutschland noch nicht geschaffen.
Warum nicht? Was ist an Italien anders als an Deutschland?
In Italien entwickelt sich die Bewegung in Gegnerschaft zu Berlusconi. Das ist etwas ganz anderes als unter einer von SPD und Grünen geführten Regierung.
In Italien haben sich die Gewerkschaften lokal eng mit der Bewegung vernetzt, während unsere eher auf einem Harmonisierungskurs mit der SPD sind. Aber sie stehen damit an der Wand. Die Gewerkschaften sind noch nicht so weit, dass sie sich selbst öffnen.