In ganz Europa greifen Regierungen den Lebensstandard an. In Großbritannien, Italien und Frankreich wehren sich Zehntausende Arbeiter dagegen. Der Streik der britischen Feuerwehrleute ist der erste im Öffentlichen Dienst, seit die sozialdemokratische Regierung 1997 an die Macht kam.
Die Regierung hat uns gezwungen zu streiken. Das verstehen die Menschen. Wir bekommen viel Unterstützung, erzählt Feuerwehrmann Iain Ballantyne. Er sammelt während der zweiten Streikwelle Ende November in einem Einkaufszentrum im schottischen Glasgow Spenden für die Streikkasse der Gewerkschaft FBU.
Sein Kollege Steve Oram meint, die Regierung hat durch ihre Intervention selbst diejenigen zusammengeschweißt, die vorher unsicher waren. Ich war schon im Streik 1977/78 dabei. Wieder einmal ist es eine Labour-Regierung, die uns fertig machen will. Die Menschen sind härter geworden. Viele sagen jetzt, wir sollten einfach alles hinwerfen und dann abwarten.
Ein Gewerkschafter von Unison, der Gewerkschaft des Öffentlichen Diensts, hilft ihnen beim sammeln. Er berichtet: Wir hatten eine Versammlung mit 60 Leuten. Die Solidarität mit den Feuerwehrleuten war einstimmig. Viele Kollegen verdienen selbst sehr wenig. Aber sie wissen, ein Sieg der Feuerwehrleute würde bedeuten, dass ihre Chancen wachsen, ihre Bezahlung zu verbessern. Nach der Sammlung versammeln sich 2.000 Feuerwehrleute und Unterstützer zu einem Protest in Glasgow.
Das ist das erste Weihnachten für meine kleine Tochter, erzählt Alec Naughton nach der Kundgebung. Ich würde es gern deshalb in Erinnerung behalten. Statt dessen werde ich es deshalb in Erinnerung behalten, weil ich streiken musste. Das werde ich dieser Regierung nie vergeben.
Seit dem ersten zweitägigen Streik im November steht die Unterstützung in der Bevölkerung. Umfragen zufolge unterstützen 60 Prozent die Feuerwehrleute. Die sozialdemokratische Labour-Regierung unter Blair dagegen macht sich mit ihrer Linie immer mehr Feinde.
Direkt nach den ersten Streiktagen nahm die Gewerkschaft FBU wieder Gespräche mit der Regierung auf. Blair zeigte sich hart. Eine Lohnerhöhung will er nur gewähren, wenn die Feuerwehrleute mehr arbeiten.
Die Nachtschichten sollen mit weniger Arbeitern besetzt werden. Die meisten Feuer-Toten sind zwischen 2 und 5 Uhr nachts zu beklagen.
Die einzelnen Feuerwehrleute sollen länger arbeiten. Sie arbeiten schon jetzt alle 8 Tage 48 Stunden.
An ihren freien Tagen solle die Feuerwehrleute zukünftig in Bereitschaft sein. Sie sollen die Arbeit der Rettungssanitäter mit übernehmen.
Die Notrufzentralen von Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr sollen zusammengelegt werden. Weniger Telefonisten sollen mehr Anrufe abwickeln.
Dafür bot die Regierung eine Lohnerhöhung von 11 Prozent an. Zur Zeit riskieren die Feuerwehrleute ihr Leben für knapp 9 Euro pro Stunde. Die Gewerkschaft hat die Bedingungen für die Lohnerhöhung zurückgewiesen.
Während der zweiten Streikwelle ist eine weitere Gesprächsrunde gescheitert. Die nächsten beiden Streikwellen sind für den 4.-12. und den 16.-24. Dezember angesetzt.
Auch in anderen Bereichen des britischen Öffentlichen Dienstes kämpfen Arbeiter für höhere Löhne. Das ist nicht länger eine Auseinandersetzung zwischen der Gewerkschaft der Feuerwehrleute und der Regierung, sagte der Vorsitzende der britischen Gewerkschaft GMB. Das ist ein Kampf zwischen der Regierung und der ganzen Gewerkschaftsbewegung.
Zehntausende Lehrer und Gemeindeangestellte haben Ende November gestreikt, weil sie die steigenden Mieten und Nahverkehrskosten in London nicht mehr bezahlen können. Frauen, die in der Krankenhausverwaltung in Glasgow arbeiten, haben einen unbefristeten wilden Streik begonnen.
Auch Beverley Richards arbeitet im Gesundheitswesen. Ich unterstütze die Feuerwehrleute, sagt sie. Sie sollten nicht gezwungen sein, noch einen zweiten Job zu haben, um ihre Rechnungen bezahlen zu können. Wir sollten gemeinsam mit ihnen streiken. Wenn wir alle gemeinsam die Arbeit niederlegen, muss uns die Regierung zuhören.
Die Feuerwehrleute sind sich ihrer Vorkämpferrolle bewusst. Wenn wir Feuerwehrleute den Weg für unterbezahlte Krankenschwestern, Lehrer und andere ebnen, damit auch sie bekommen, was sie verdienen, bin ich stolz darauf, sagt Feuerwehrfrau Linda Smith aus London. Wir sind kein Sonderfall. Alle Arbeiter im Öffentlichen Dienst versorgen uns mit den wichtigsten Dingen im Leben. Woher das Geld kommen soll? Für den Anfang könnte man den Plan aufgeben, unschuldige Zivilisten zu bombardieren.
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