Was ist die WTO?
Die Welthandelsorganisation wurde 1995 gegründet, als Abschluss der Urugay-Runde des GATT, dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen. Mit einem Regelwerk setzt sie die Spielregeln des freien Marktes weltweit durch.
Die Streitschlichtungsstelle der WTO kann Sanktionen gegen Länder verhängen, die sich diesen Regeln nicht beugen wollen. Die WTO-Regeln haben Vorrang vor allen anderen internationalen Abkommen, selbst vor nationalen Gesetzen.
In der WTO hat zwar jedes Land nur eine Stimme. Das hat die USA, die EU, Japan und Kanada, die so genannten Quads, aber nicht daran gehindert, sich gegen die ärmeren Länder durchzusetzen.
Denn die Quads haben als einzige das Recht, die Tagesordnungen der Treffen festzulegen.
Präsident der WTO ist der Amerikaner James Wolfensohn.
Was ist der IWF?
Der Internationale Währungsfonds wurde 1944 im amerikanischen Bretton Woods gegründet, zeitgleich mit der Weltbank. Im Interesse der reichsten Länder der Welt, allen voran der USA, überwacht er die Weltwirtschaft und fördert den freien Markt.
Innerhalb des IWF haben die Länder Stimmrechte. Die Stimmanteile verteilen sich nach ihrer Wirtschaftskraft, nicht nach den Bedürfnissen ihrer Bürger.
Die USA, in der nur fünf Prozent der Weltbevölkerung leben, verfügt über 17 Prozent der Stimmen. Auf die G�7, die sieben reichsten Länder der Welt, entfallen insgesamt 45 Prozent der Stimmen � genug, um ihre Interessen durchzusetzen.
Derzeitiger Generaldirektor des IWF ist der Deutsche Horst Köhler.
Was ist die Weltbank?
Die Weltbank vergibt für große infrastrukturelle Projekte, wie Staudämme, Stromkraftwerke und Straßen, Kredite an Länder der Dritten Welt. 1980 wurde ihr die Aufgabe übertragen, in Zusammenarbeit mit dem IWF auch Strukturanpassungskredite zu vergeben. Heute sind rund die Hälfte ihrer Kredite an Strukturanpassungen gekoppelt.
Ein interner Bericht der Weltbank bestätigt, dass bis 1991 mehr als zwei Millionen Menschen zwangsumgesiedelt wurden, um Platz zu machen für von der Weltbank geförderte Projekte.
Die Mehrzahl der aktuellen Kredite dienen nur der Begleichung vergangener Kredite. Zwischen 1980 und 1992 verwalteten Weltbank und IWF Zinszahlungen von Dritte-Welt-Ländern in Höhe von 771,3 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus erhielten sie 891 Milliarden US-Dollar an Rückzahlungen für die ursprünglichen Kredite (Zahlen der Vereinten Nationen).
Während dieses Zeitraums zahlten die ärmsten Länder dreimal so viel zurück, wie ihre Schulden 1980 betragen hatten � nur um am Ende dreimal so hoch verschuldet zu sein, wie vorher.
Was sind Strukturanpassungsprogramme?
Kein Land der Dritten Welt erhält von IWF und Weltbank einen Kredit, ohne einem Strukturanpassungsprogramm (SAP) zugestimmt zu haben.
Sie öffnen die Wirtschaft der Länder multinationalen Konzernen, privatisieren Staatsbetriebe, zerschlagen Arbeiterrechte, drücken die Löhne, bauen Arbeitsschutzbestimmungen ab, und senken die staatlichen Ausgaben für soziale Aufgaben in einem drastischen Ausmaß.
SAPs haben die örtliche Industrie zerstört und Hunderttausende arbeitslos gemacht.
In beinahe jedem afrikanischen Land sind die Reallöhne um die Hälfte gefallen, seitdem IWF-Programme durchgesetzt wurden.
In Simbabwe fielen die Pro-Kopf-Ausgaben für die Gesundheitsversorgung um ein Drittel, nachdem 1990 ein SAP des IWF eingeführt wurde. IWF-Gesundheitskürzungen haben sichergestellt, dass AIDS in Afrika zur Epidemie geworden ist.
SAPs sind so unbeliebt, dass der IWF sie umgetauft hat: In Armutsbekämpfungsprogramme!
Das neoliberale Desaster
Banker profitieren, Menschen verhungernDie britische Dritte-Welt-Organisation Oxfam hat errechnet, dass weltweit zehn Millionen Menschen an ernsthafter Unterernährung leiden. Die größte Krise spielt sich am Horn von Afrika ab, in Ländern wie Äthiopien und Eritrea. Eine Studie von 1999 über das Horn von Afrika ergab, dass: Jede Woche zahlt Äthiopien 1,2 Millionen Dollar an die Banker, um einen Schuldenberg von 10 Milliarden Dollar abzubezahlen. |
Die Politik von IWF, Weltbank und WTO fußt auf der Doktrin des Neoliberalismus. Im Wesentlichen sagt diese Doktrin, dass sich der Staat aus allen wirtschaftlichen Angelegenheiten zurückziehen muss.
Die Neoliberalen behaupten, dass der Staat aufhören, muss Wohnungen, Benzin und Nahrung zu subventionieren. Staatsbetriebe sollen privatisiert werden, Einkommens- und Gewerbesteuern gesenkt werden.
Wirtschaftlich schwächere Länder sollen alle Importkontrollen abbauen und sich den reicheren Ländern öffnen. Multinationale Konzerne sollen ermutigt werden, öffentliche Dienstleistungen, wie die Wasserversorgung, das Gesundheitssystem und das Bildungswesen, zu übernehmen.
Die Reichen würden dann zwar reicher werden, aber durch das gestiegene Wirtschaftswachstum würde auch für die Armen etwas abfallen. Das nennen die neoliberalen Ideologen den trickle-down-Effekt.
Argentinische Journalisten haben diese Doktrin in das Hood-Robin-Modell umbenannt, die Umkehrung des Robin-Hood-Prinzips � man nimmt den Armen und gibt den Reichen.
In den Sechziger Jahren war das reichste Fünftel der Weltbevölkerung, meist in den Industriestaaten ansässig, dreißigmal reicher als das ärmste Fünftel, das hauptsächlich in den Entwicklungsländern lebte. Ende der Neunziger war diese reiche Minderheit bereits mehr als achtzigmal reicher.
Der Ökonom Rehman Sobhan untersuchte 76 Länder, die IWF/Weltbank-Maßnahmen durchgeführt hatten. Er fand heraus, dass nur vier von ihnen ein deutlich stärkeres Wirtschaftswachstum erreichten.
Die IWF-Maßnahmen taten nur eines � sie machten die Reichen reicher und stellten sicher, dass westliche Investoren ihren Anteil an der Beute erhielten.
Bilanz des Neoliberalismus
Die US-Wirtschaft ist das Beispiel, dem alle anderen Staaten folgen sollen. Aber der Neoliberalismus hat die Dinge dort nicht zum Besseren gewendet.
Während der letzten Jahre hat dort zwar ein Aufschwung stattgefunden � aber mit niedrigeren Wachstumsraten als vor dreißig Jahren.
Die Früchte des Aufschwungs waren ungleicher verteilt als jemals zuvor. Zwischen 1940 und 1970 haben sich die Einkommen amerikanischer Familien verdoppelt.
Seit Mitte der Siebziger Jahre dagegen, als der neoliberale Umbau begann, haben 60 Prozent der Familien kein Einkommenswachstum erlebt. Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Jahresarbeitszeit um 160 Stunden verlängert!
Einer von acht Amerikanern lebt unter der Armutsgrenze und fast 45 Millionen sind nicht krankenversichert. Der Mindestlohn ist 22 Prozent weniger wert als 1968.
1980 verdienten die Top Manager der großen Firmen 42-mal so viel wie der durchschnittliche Fabrikarbeiter. Laut Business Week verdienten sie 1990 85-mal so viel, 1998 bereits das 419-fache.
Das Bild in Deutschland ist ähnlich, wenn auch noch nicht ganz so grell � wie der neue Armutsbericht der Bundesregierung zeigt.
Seit 1973 sind 1,3 Millionen Menschen Einkommensmillionär geworden � ursprünglich lag ihre Zahl bei 217.000. Im selben Zeitraum hat sich in den alten Bundesländern die Zahl der Menschen, die von Sozialhilfe leben müssen, vervierfacht. In den neuen Ländern hat sie sich seit 1991 verdoppelt. Mittlerweile wächst jedes siebte Kind in Deutschland in Armut auf.
Die Hölle der Sweatshops
Keine Globalisierung ohne Frauen |
Die Maßnahmen, die IWF und Weltbank durchsetzen, führen zu schrecklichen Arbeitsbedingungen.
Länder, die von ihnen abhängig werden, bekommen dargelegt, dass sie ihren Export so schnell wie möglich hochtreiben müssen, um ihre Schulden zu begleichen. Sie werden ermutigt sogenannte „freie Produktionszonen“ zu schaffen, in denen Multis Waren für den weltweiten Markt herstellen können.
Das bedeutet, dass es dort keinerlei Arbeitsschutz- oder Tarifbestimmungen gibt. Keiner kontrolliert, ob dort Kinder arbeiten oder wie lange die Menschen arbeiten müssen. Die Polizei geht stattdessen gegen Gewerkschafter vor. Es gibt keine Feuerschutzbestimmungen.
Für die Frauen, die dort arbeiten, ist es üblich, an ihrem Arbeitsplatz zu schlafen, obwohl das immer wieder zu hohen Todesraten führt, wenn Feuer ausbrechen.
Typisch sind Fabriken in Ländern wie Indonesien, Thailand oder in Mexiko, die für Nike Kleidung und Turnschuhe herstellen oder für Intel Computerchips � so genannte Sweatshops (Schwitzhütten).
Seit Anfang der 90er gibt es auch in den Industrieländern Sweatshops, vor allem in Rom, London, Paris und New York.
Die Umweltkatastrophe
Das Ergebnis der landwirtschaftlichen IWF-Maßnahmen in der Dritten Welt ist eine Tragödie für Menschen und Umwelt.
Die Bauern werden angehalten, nur eine einzige Sorte anzubauen, die möglichst schnell und billig geerntet werden kann, um dem Bedarf großer Lebensmittelkonzerne nachzukommen.
Mehr als die Hälfte der Weltkartoffelanbaufläche wird inzwischen mit nur einer Sorte bepflanzt � der Russet-Burbank-Kartoffel, die von McDonalds bevorzugt wird.
Monokulturen sind enorm anfällig für Schädlingsbefall. Das trifft sich mit den Interessen großer Chemiekonzerne, wie Monsanto oder Hoechst/Aventis.
Die Top 7 der Agrochemiekonzerne sind alle in den USA und der EU angesiedelt. Zwei davon sind deutsche Konzerne: BASF und Bayer.
Deshalb machen die USA und die EU ständigen Druck in der WTO, die Einfuhrzölle für Chemikalien weltweit auf Null zu senken.
Der zweitgrößte, Monsanto, hat eine genetisch modifzierte Sojabohne entworfen, Round-up Soja, die eine besondere Widerstandsfähigkeit gegenüber dem gleichnamigen Herbizid besitzt. Round-Up ist mittlerweile das am häufigsten verkaufte Schädlingsbekämpfungsmittel weltweit.
Den landwirtschaftlichen Export hochzutreiben bedeutet in Ländern wie Ecuador, Indien und Südostasien, dass an ganzen Küstenstreifen Garnelen gezüchtet werden, obwohl das Salzwasser die Böden unfruchtbar macht und Tausende Bauern von ihrem Land vertrieben werden.
Eine exportorientierte Landwirtschaft erhöht auch den Anteil von Treibhausgasen in der Atmosphäre, weil die Nahrungsmittel über weite Strecken transportiert werden müssen.
Wie die Konzerne unseren Planeten abfackeln
Die Erderwärmung ist eine der größten Bedrohungen für die Umwelt und die Menschen, die in ihr leben. Zu den sichtbarsten Folgen gehören Stürme, Flutkatastrophen und Dürre. Schon heute gibt es mehr Umweltflüchtlinge als politische Flüchtlinge.
Die Weltbank ist der größte öffentliche Förderer bei der Erschließung CO2-haltiger Brennstoffe in Entwicklungsländern. Seit dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 hat die Weltbank 14 Milliarden Dollar an Krediten für Kohleminen, Ölfelder und mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke vergeben.
Sie handelt im Interesse der westlichen Multis. Neun von zehn Weltbank-Energieprojekten nützen mindestens einem Unternehmen aus den G�7 Staaten.
Aber die Hauptquelle des CO2 liegt in den reichsten Ländern selbst. Obwohl in den USA, der EU und Japan nur 13 Prozent der Weltbevölkerung leben, sind sie für 50 Prozent des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich.
Multinationale Konzerne der Öl- und Autoindustrie tragen die Hauptverantwortung für die Klimaerwärmung. Beide sind abhängig vom Verbrauch fossiler Brennstoffe. Jahrelang haben sie große Anstrengungen unternommen, die Bedrohung durch die Erderwärmung zu leugnen und Klimaschutzabkommen zu sabotieren.
Shell, BP, Texaco, Ford und Daimler-Chrysler waren alle Mitglied eines fälschlicherweise als Global Climate Coalition (globale Koalition für das Klima) benannten Lobbyvereins.
Ihren Anstrengungen ist es zu verdanken, dass das Protokoll von Kyoto extrem durchlöchert ist. Selbst wenn es unterschrieben würde, käme es nach Rechnungen von Matthew Spencer von Greenpeace zu einem weiteren Anstieg des CO2-Ausstoßes von 15 Prozent. Verantwortlich dafür ist hauptsächlich der Emissionshandel, der es westlichen Konzernen ermöglicht, CO2-Rechte von den Entwicklungsländern zu kaufen.
Um aber trotzdem auf jeden Fall sicherzustellen, dass Klimaschutzmaßnahmen blockiert werden, spendete die GCC in der Vorbereitungsphase der Klimakonferenz von Kyoto jeweils 50 Millionen Dollar an die US-Parteien Republikaner und Demokraten.
Demzufolge sprach sich der amerikanische Senat 1997 einstimmig dafür aus, Klimaschutzabkommen, gleich welcher Art, nicht zu unterschreiben.
Seit Kyoto machen sich mehr und mehr Menschen Sorgen um das Weltklima. Das hat die Firmen veranlasst, aus der GCC auszuscheren. Viele von ihnen sind stattdessen in den Business Environmental Leadership Council eingetreten, um sich ein grüneres Image zu geben. An ihrem Verhalten hat das nicht geändert.
Wer zieht die Fäden?
Wie Freihandel funktioniert: MexikoAm 25. August 2000 verurteilte das NAFTA-Tribunal den mexikanischen Staat, eine Strafe von 17 Millionen US-Dollar an die amerikanische Müllentsorgungsfirma Metalclad zu zahlen. Metalclad hatte die mexikanische Regierung verklagt, weil der Bundesstaat San Luis Potosi eine Müllhalde geschlossen hatte, auf der Metalclad seinen Giftmüll deponieren wollte. Eine geologische Untersuchung hatte erwiesen, dass diese Deponie das Trinkwasser verseuche. Trotzdem setzte sich Metalclad mit dem Argument durch, dass dies ein Akt der Enteignung sei. Bis heute hat das WTO-Schiedsgericht in jedem Streitfall, in dem es um die Umwelt ging, nationale Umweltgesetze als Handelshindernisse betrachtet. Das Gremium besteht aus drei Beamten und Rechtsanwälten aus dem Handelsbereich. |
Hinter der Weltbank, dem IWF und der WTO stehen die Reichen und Mächtigen.
Das amerikanische Magazin Forbes veröffentlichte im Sommer 2001 eine Liste der Milliardäre auf dieser Welt:
Der Reichtum dieser einzelnen Menschen hängt von ihrer Stellung innerhalb der multinationalen Konzerne ab. Etwa 200 Konzerne, die vielleicht von 15.000 Personen geführt werden, haben einen gemeinsamen Umsatz, der mehr als einem Viertel der gesamten Weltproduktion entspricht.
Einzelne Multis sind größer als viele Volkswirtschaften. Die fünf größten Multis, vielleicht von vierzig Menschen geführt, haben einen größeren Warenausstoß als der Mittlere Osten und Afrika zusammen oder den doppelten Warenausstoß von ganz Südasien.
Diese wenigen Menschen entscheiden darüber, was produziert wird, wer Arbeit hat, wohin der Reichtum fließt und wer in Armut lebt.
Ungefähr 168 dieser Multis haben ihren Stützpunkt in gerade mal fünf industriell entwickelten Ländern � in den USA; Japan, Frankreich, Großbritannien und Deutschland.
Das sind dieselben Länder, die den IWF und die WTO beherrschen. Die Multis nehmen große Anstrengungen auf sich, um sicherzustellen, dass sie das Verhalten ihrer Länder in diesen Institutionen entscheidend beeinflussen.
In den vergangenen Jahren haben sie Lobbyvereine organisiert, die ihre Interessen durchsetzen. Der Transatlantic Business Dialogue spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Tagesordnung der WTO festzulegen. Er setzt sich aus Konzernen von beiden Seiten des Atlantiks zusammen. Der World Water Council setzt sich weltweit für die Privatisierung der Wasserversorgung ein.
Keines der Mitglieder in diesen Körperschaften ist gewählt. Trotzdem entscheiden sie über das Leben von Milliarden Menschen.
Wenn sie von Freihandel und Globalisierung sprechen, meinen sie die Freiheit der Konzerne, zu tun und zu lassen, was sie wollen.
Diese Körperschaften haben ohne weiteres Verbündete in Afrika, Asien und Lateinamerika gefunden, die danach dürsten, Teil einer internationalen herrschenden Klasse zu werden.
Europa der Bosse |
Der größte Raubüberfall in der Geschichte der Menschheit
IWF und WTO unterstützen die Multis dabei, staatliche Industrien weltweit aufzukaufen.
Die Strukturanpassungsprogramme des IWF haben schon viele Entwicklungsländer dazu gezwungen, Teile ihres öffentlichen Dienstes an westliche Konzerne zu verkaufen, darunter die Trinkwasserversorgung.
Über eine Milliarde Menschen in der Dritten Welt haben kein sauberes Wasser zum Trinken. Täglich sterben über fünf Millionen Menschen an Krankheiten, die durch brackiges Trinkwasser übertragen werden.
Die weltweite Privatisierung staatlicher Betriebe wird auch von der WTO vorangetrieben.
Innerhalb der WTO finden laufende Verhandlungen über eine Reihe von Abkommen statt, die die Spielregeln des Welthandels festlegen.
Das in Zukunft wohl wichtigste Abkommen für die Multis ist das GATS. Dieses Kürzel steht für General Agreement on Trade in Services – allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen.
Es dürfte sich um einen der größten Raubüberfälle in der Geschichte der Menschheit handeln. Multinationale Konzerne wollen sich den öffentlichen Dienst weltweit unter den Nagel reißen.
Als profitabelste Bereiche gelten das Gesundheitswesen, ein Markt von 3,5 Billionen Dollar weltweit, der Bildungsbereich, zwei Billionen Dollar jährlich, und die Wasserversorgung, eine Billion Dollar.
Über hundert Länder haben sich im Rahmen des GATS bereits geeinigt, einen Teil ihres öffentlichen Dienstes zur Privatisierung freizugeben. Mit ihrer Gesundheitsversorgung haben das mehr als vierzig getan.
Seit Anfang 2000 laufen neue Verhandlungen über die Verschärfung des GATS innerhalb der WTO. Die Vorschläge beinhalten einen „Notwendigkeitstest“, der die Beweislast in der Streitschlichtungsstelle der WTO umdreht.
Nicht mehr die Konzerne müssen zukünftig nachweisen, dass ein Gesetz handelsbeschränkend ist. Die Regierungen sind verpflichtet zu beweisen, dass sie einen Dienst ebenso „effizient“ bereitstellen, wie der interessierte Konzern. Tun sie das nicht, muss privatisiert werden.
Die treibenden Kräfte sind die amerikanische Dienstleistungkoalition und ihr europäischer Zwilling, das europäisches Dienstleistungsforum (ESF). Die multinationalen Konzerne in diesen Lobbyverbänden, Energieversorger, Wasserkonzerne, Nahrungsmittelhersteller und Versicherungen stellen so sicher, dass die EU (vor allem die europäische Kommission) und die USA in der WTO ihre Interessen vertreten.
Ende 2002 werden diese Verschärfungen bittere Realität werden � wenn wir nichts dagegen unternehmen.
Privatisierung in den Industrieländern
Auch in den Industrieländern rollt eine Privatisierungswelle. Privatisierungen haben entweder direkt mit dem GATS zu tun � Deutschland hat bereits sein Bildungswesen im GATS freigegeben � oder stellen eine Art vorauseilenden Gehorsam der Regierungen dar.
In England wurde die Wasserversorgung bereits verkauft, in Deutschland beginnt dieser Prozess gerade.
Allein die deutsche Hauptstadt Berlin hat seit 1994 bereits Landesvermögen im Wert von 20 Milliarden Mark verkauft. Bewag, Gasag und die Wasserbetriebe wurden privatisiert, Kliniken und Wohnungsgesellschaften sollen noch folgen.
Privatisierung bedeutet schlechtere Versorgung, Lohnsenkungen und den Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze. Die Privatisierung der Bahn hat in den ersten fünf Jahren 120.000 Menschen ihren Arbeitsplatz gekostet.
Laut Süddeutscher Zeitung fehlen in deutschen Krankenhäusern zwischen 15.000 und 25.000 Ärztinnen und Ärzte, um die Patienten angemessen zu versorgen. In Folge der Privatisierung zahlreicher Kliniken wurden die Stellen gestrichen.
Woher kommt Neoliberalismus?
In den Schriften antikapitalistischer Theoretiker wirkt der Neoliberalismus oft wie eine eigenständige Kraft, die dem Kapitalismus übergestülpt wurde.
Susan George, Publizistin und Vorstandsmitglied von attac-Frankreich, zeichnet in ihrem lesenswerten Aufsatz „Eine kurze Geschichte des Neoliberalismus“ überzeugend nach, wie Hunderte Millionen Dollar ausgegeben wurden, um den Neoliberalismus aus seinem „Ultra-Minderheitsghetto“ herauszubringen und zur beherrschenden „Weltreligion“ zu machen.
Die Verschwörung, die sie beschreibt, ist real genug, aber sie reicht als Erklärung nicht aus.
Der Neoliberalismus hat eine materielle Basis. Er drückt die Interessen der multinationalen Konzerne aus.
Bei ihrer Gründung hatten weder IWF noch Weltbank die Kompetenz, in die Wirtschaft anderer Länder einzugreifen. IWF und Weltbank galten bis in die 70er Jahre als Verkörperung der Lehren von Keynes. Es gab keine Strukturanpassungsprogramme.
Das änderte sich erst mit der ersten Weltwirtschaftskrise in der Nachkriegszeit � dem sogenannten Ölpreisschock 1973.
Mit jeder neuen Krise bekamen IWF und Weltbank mehr und mehr Kompetenzen und mit jeder Krise verschärfte sich der Kurs der neoliberalen Politiker in den Industriestaaten selbst.
Die Konkurrenz unter den Kapitalblöcken wurde im Verlauf der Krisen immer größer. Die großen Konzerne reagierten, indem sie Raubzüge in die Dritte Welt und Südostasien unternahmen. WTO, IWF und Weltbank schufen die Rahmenbedingungen für diese neoliberale Globalisierung.
„Ich definiere Globalisierung als die Freiheit unserer Firmengruppe, zu investieren, wo und wann sie will, zu produzieren, was sie will, zu kaufen und zu verkaufen, wo sie will, und alle Einschränkungen durch Arbeitsgesetze oder andere gesellschaftliche Regulierungen so gering wie möglich zu halten.“ So sagte es Percy Barnevik, Präsident der Asea-Brown-Bovery-Gruppe, einer der mächtigsten Konzerngruppen der Welt.
Der Zusammenbruch des Ostblocks 1989�91 gab dieser Entwicklung noch einmal einen zusätzlichen Schub. Ein riesiger Markt öffnete sich für die Multis. Der IWF war der Rammbock, mit dem die westlichen Konzerne in diesen Markt einbrachen.
Der Neoliberalismus hat die Krise nicht gestoppt. Aber die westlichen Konzernen konnten sich trotzdem weiter bereichern, auf Kosten der Mehrheit der Menschen.
Mit der Beschleunigung der Privatisierung des öffentlichen Dienstes kommt dieser Raubzug zu uns nach Hause.
Der Neoliberalismus ist eine Reaktion der Herrschenden auf die Wiederkehr der Wirtschaftskrisen. Er ist der Versuch, diese Wirtschaftskrise auf den Rücken der Arbeiter der ganzen Welt abzuladen. Deshalb predigt der Neoliberalismus den Abbau des Sozialstaats, Privatisierung und niedrige Löhne.