Die globale Bewegung gegen den Krieg kommt nach Deutschland. Bei der Attac-Friedenstour durch 16 Städte berichteten Anti-Kriegs-Aktivisten aus England, USA und Italien in überfüllten Sälen. Linksruck sprach mit Rednern und Besuchern.Yvonne Ridley ist Journalistin aus London. Sie ist Mitglied der britischen „Stop the War Coalition“, einer Sammelbewegung aus Gewerkschaften, Kirchen und linken Gruppen, die in London eine Anti-Kriegs-Demonstration mit 400.000 Teilnehmern organisiert hatte (Linksruck berichtete).
Jeden Tag kommen neue Truppen am Golf an. Kann der Krieg noch verhindert werden?
Ja, natürlich. Krieg ist nie unvermeidlich. Es ist eine Frage der Kräfteverhältnisse. Die Friedensbewegung muss den politischen Preis für den Krieg so hoch treiben, dass Bush aufgibt.
Bush sagt, Hussein müsse entwaffnet werden.
Ich persönlich glaube nicht, dass Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt. Doch wenn Bush Informationen hat, dann soll er sie doch Hans Blix geben. Der ist ausgerüstet, um solchen Hinweisen nachzugehen. Die Bush-Regierung hat nichts dergleichen getan ein sicheres Zeichen, dass sie nichts in der Hand haben.
Geht es um die Befreiung Iraks?
Wenn die Menschen im Irak befreit werden wollen, dann bestimmt nicht durch Bomben. Ebensowenig wollen sie ein neues Militärregime. Ich war vor kurzer Zeit im Irak. Dort habe ich mit vielen einfachen Irakern gesprochen. Sie waren geschockt von der Aussicht, den US-amerikanischen General Tommy Franks als Militärherrscher zu bekommen.
Aber die irakische Opposition behauptet das Gegenteil.
Kein Wunder die Taschen der Gruppen, die sich da zu Wort melden, sind mit CIA-Geld vollgestopft. Doch viele andere Exil-Iraker, die gegen das Hussein-Regime gekämpft haben, sind gegen diesen Krieg und Teil unserer Bewegung.
Was wären die Auswirkungen des Kriegs auf die arabischen Länder?
Ich bin sicher, dass die Unterstützung für terroristische Gruppen wie Al-Kaida sprunghaft ansteigt. Viele Muslime werden den Krieg als einen Kreuzzug gegen den Islam empfinden. Der heilige Monat der Muslime beginnt am 15. Februar. Kannst du dir die Wut und Empörung vorstellen, wenn in dieser Zeit Bomben auf Muslime fallen?
Welche Auswirkungen hätte auf den Nahost-Konflikt?
Das ist, als ob ein Streichholz in einen Benzintank fällt. Die Palästinenser haben die begründete Angst, dass Scharon im Winschatten des Krieges eine ethnische Säuberung der Palästinensergebiete durchführt.
Ist der Krieg bei einer Zustimmung der UN gerechtfertigt?
Nein, natürlich nicht. Wenn dieser Krieg falsch ist, und davon bin ich überzeugt, dann bleibt er falsch, auch wenn sich die Vetomächte im Sicherheitsrat noch einig werden. Ein Mord bleibt ein Verbrechen, auch wenn der Mörder Komplizen hat.
Wie ist die Anti-Kriegs-Haltung von Schröder in England angekommen?
Ich war sehr beeindruckt von Schröders Haltung gegen den Krieg. Auf dieser Grundlage ist er gewählt worden. Deshalb war es sehr enttäuschend, als Schröder vor einigen Wochen anfing zu wackeln. Die deutsche Friedensbewegung muss verhindern, dass er unter dem amerikanischen Druck einknickt. Mit Tony Blair haben wir schon einen Schoßhund in Europa- einen zweiten brauchen wir nicht.
Blair ist Bush engster Verbündeter. Setzt ihm die Anti-Kriegs-Bewegung zu?
Sehr. Mehr als hundert Labour-Abgeordnete haben eine Erklärung gegen den Krieg unterzeichnet. Selbst Kabinettsmitglieder äußern sich öffentlich besorgt. Beim Golfkrieg 1991 zerrissen 17.000 Mitglieder ihren Parteibuch und traten aus. Diesmal könnten es noch mehr sein. Das wäre eine Katastrophe für die Partei politisch und finanziell. Die Labour-Party hat 6 Millionen Pfund Schulden.
Was ist der nächste Schritt für die Anti-Kriegs-Bewegung?
Wir müssen der Welt am 15. Februar zeigen, dass wir diesen Krieg nicht wollen. Es ist aber wichtig, dass wir den 15. Februar nicht als einmaligen Höhepunkt sehen, sondern eine Station einer längeren Kampagne. Wir wollen das Leben von Millionen Menschen retten. Historische Dokumente belegen, dass die Stärke der Bewegung gegen den Vietnamkrieg die US-Regierung davon abgehalten hat, Atombomben einzusetzen. Das zeigt doch, dass wir einen Unterschied machen.