Kommentar: Neuer Präsident, der selbe Krieg

Ist das Pentagon zu klein, der Krieg gegen den Terror zu unentschlossen und das „Ministerium für Heimatsicherheit“ unterfinanziert? Der US-Präsidentschaftskandidat der „Demokraten“ John Kerry ist davon überzeugt. Er hat weder vor, aus dem Irak abzuziehen, noch den unsäglichen „Patriot Act“ abzuschaffen, unter dessen Schutz Bürgerrechte in den USA untergraben werden.
„Jeder, nur nicht Bush“ ist ein Slogan us-amerikanischer Kriegsgegner. Und demokratische Parteimitglieder wie der Vorsitzende des US-Gewerkschaftsbundes Gerald McEntee nennen die Wahlen im November „die wichtigsten in unserem Leben“. Es stehen tatsächlich aber aber nur kleine Abänderungen der jetzigen US-Politik zur Wahl. Kerry ist keine Alternative zu George Bush.
In den letzten Wochen hat Kerry die Bush-Regierung immer wieder dafür angegriffen, dass sie zu wenige Truppen in den Krieg schickt und nicht aggressiv genug gegen Al-Kaida und Nordkorea vorgehe. Falls er gewählt werden sollte, so hat er versprochen, will er die US-Truppen im Irak um 40.000 Soldaten verstärken und das Budget für die einheimische „Terrorbekämpfung“ aufstocken.
Er hat vor, den „Anti-Terrorkrieg“ auf zentrale Ziele zu konzentrieren und ihn im Verbund mit anderen Staaten zu führen, gleichzeitig aber härter gegen vormalige Verbündete wie Pakistan und Saudi-Arabien vorzugehen.
Während er sich gegen eine Reduzierung der US-Truppenpräsenz im Irak ausspricht, hat er ausdrücklich das „Recht“ des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon bekräftigt, das Westjordanland gewaltsam mit einer Mauer zu umgeben. Außerdem ist er einer der Autoren eines Gesetzesentwurfs, der zukünftigen Militäraktionen gegen Syrien den Weg ebnet.
Seit ihm die Nominierung durch die Demokratische Partei sicher ist, muss sich Kerry auch nicht mehr um die Stimmen der Kriegsgegner bemühen. Die Rebellion der Parteilinken ist vorbei. Das oberste Gebot des Kerry-Teams ist nun „Wählbarkeit“. Kerry hat sich nach rechts gewendet, um konservative Demokraten, Unentschlossene und enttäuschte Wähler der Republikaner zu gewinnen.
Kerrys außenpolitischer Cheferater ist Rand Beers, der früher George Bush bei der „Terrorisbekämpfung“ beriet. Berichten zufolge verließ Beers das Bush-Kabinett, weil er meinte, die Neokonservativen vernachlässigten wegen des Irakkrieges Afghanistan, Nordkorea und Kolumbien. Beers war auch Architekten des „Plan Colombia“, also der verdeckten militärischen und geheimdienstlichen Intervention der USA in dem Bürgerkrieg Kolumbiens.
In der Vorstellung Beers’ würde eine Regierung Kerry zu der Tradition der Clintonjahre zurückkehren, als „normaler Imperialismus“ vorherrschte und lächelnde Verbündete gemeinsam in andere Länder einmarschierten und sie zerbombten.
Deswegen unterstützen die mutigeren und weitsichtigeren Teile der US-Linken die Kandidatur des unabhängigen grünen Kandidaten Ralph Nader. Nader erklärt,e er wolle „unsere Demokratie aus den Händen der Konzerninteressen, die beide etablierten Parteien beherrschen, zurückfordern“.
Zur Überraschung der meisten Kommentatoren zeigten zwei Umfragen, die im Auftrag der New York Times und der Associated Press durchgeführt wurden, dass Naders scheinbar aussichtsloser Wahlkampf die Unterstützung von sechs bis sieben Prozent der Wähler erzielt hat. Bei der Wahl 2000 erreichte Nader rund fünf Prozent in den Staaten, in denen er antrat.
In den Augen der Befürworter Kerrys stellt Naders Aufmüpfigkeit nichts weniger als Verrat dar, weil er ihnen angeblich Stimmen stiehlt.
Obwohl Nader die Belange von Arbeitern und Gewerkschaften unterstützt, genießt er noch wenig Unterstützung bei den einfachen Menschen in den verarmten Innenstädten, bei Latinos oder Schwarzen.
Die Wirkung von Naders Wahlkampf wird letztlich von der Schärfe seines Programms abhängen und davon, ob der Parteitag der Grünen Partei im Juni seine Kandidatur unterstützt. Es ist bisher nicht klar. ob er einen linken Wahlkampf führen wird oder nicht. Ebenfalls unklar ist, ob die Grünen sich wieder voll hinter Nader stellen werden. Wie immer hängt die Zukunft eines unabhängigen Kandidaten im Schatten des monolithischen Zweiparteiensystems der USA in der Schwebe.

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