Krieg ohne Ende

Bürgerkrieg droht

Während in den USA Militärstrategen Kriegsszenarien für den Irak austüfteln, verbreiten die Sprecher der US-Regierung und die Medien das Bild eines erfolgreichen Feldzugs in Afghanistan. In der New York Times hieß es: "Truppen können humanitäre Ziele genauso gut erreichen wie Ärzte und Hilfsorganisationen." Die Regierung Karzai in Afghanistan, vom Westen eingesetzt, besteht aus verfeindeten Kriegsherren, die bereits von 1992 bis 1996 das Land in einen Bürgerkrieg gestürzt hatten.



Die Ermordung des Tourismus- und Luftfahrtministers Rahman zeigt die Zustände.


Die genauen Hintergründe der Tat sind nicht bekannt. Aber Karzai ordnete sofort die Verhaftung mehrerer Nordallianz-Politiker an – darunter der Geheimdienstchef und Mitarbeiter des Verteidigungs- und des Innenministeriums.


Ob diese Personen tatsächlich für den Mord verantwortlich sind oder Karzai nur die Situation nutzt, um den Regierungsapparat mit eigenen Leuten zu besetzen – die Zentralregierung ist alles andere als stabil oder einig.


Außerhalb der Hauptstadt ist die Lage noch schlimmer.


Allein bei Gefechten um Masar-i-Sharif wurden in der letzten Woche 40 Menschen getötet. Der Spiegel berichtete, als Verteidigungsminister Dostam "kürzlich in der Nachbarprovinz Sar-i-Pol einen flüchtigen Talibanführer jagte, schickte Gegenspieler Atta seine Kämpfer hinterher: Aus Furcht, der Usbeken-General wolle neues Gelände erobern."


Im Südosten des Landes das gleiche Bild. Der von Karzai eingesetzte Stadtkommandeur von Gardez wurde von einem Verband lokaler Warlords aus der Stadt vertrieben. Über 60 Menschen wurden ermordet.


Nicht weit entfernt in der selben Provinz bombardierte die US-Luftwaffe Einheiten eines Warlords, der sich Karzais Regierung widersetzte. Ein Bürgerkrieg wird immer wahrscheinlicher – und die westlichen Soldaten mittendrin.


Schon jetzt gibt es wieder große Flüchtlingsströme. Im Februar sind 20.000 Afghanen nach Pakistan geflohen.


Die Regierung Bush bereitet sich und die Welt auf eine neue Runde im "Krieg gegen den Terror" vor. Aber jede Woche zeigt sich in Afghanistan, dass die Kriegsgegner mit ihren Warnungen zu Beginn des Krieges recht hatten. Der Krieg brachte keinen Frieden. Das Land zerfällt in Bürgerkrieg und Chaos.



Premierminister Karzai ist nur durch seine guten Verbindungen mit den USA zu seinem Amt gekommen. In Afghanistan selbst hat er keine Macht. Immer wieder bittet er westliche Truppen zur Sicherung des Landes.


In den beiden Städten Kandahar und Kabul, wo heute schon UNO- und US-Einheiten stationiert sind, zeigt sich der Unsinn des Einsatzes.



So stürmten US-Spezialeinheiten am 24. Januar zwei Gebäude in einem Dorf nahe des US-Stützpunktes Kandahar. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Talibankämpfer getötet, weitere 27 verhaftet.


Zwei Wochen später gestand die US-Regierung, die falschen erwischt zu haben. Es handelte sich um Polizisten der afghanischen Regierung, die ein Entwaffnungsprogramm durchführten.


Einer der Überlebenden berichtet in US-Gewahrsam: "Sie (die US-Soldaten) liefen über unsere Rücken, als wären wir Steine. Sie schlugen mir gegen den Kopf. Meine Nase schlug auf den Boden und schwoll stark an."


Einer der Überlebenden ist Aziz Agha. Neun seiner Familienmitglieder wurden bereits getötet, als US-Flugzeuge einen Traktorkonvoi bombardierten, den sie für fliehende Taliban hielten.


Agha erzählt: "Die Amerikaner kommen und bombardieren Plätze, töten Menschen, fesseln sie und bringen sie weg. Ein Verbrechen ist das."


In Kabul, wo deutsche und britische Soldaten stationiert sind, sieht es genauso aus. Die Ermordung des Tourismusministers auf dem Flughafen von Kabul geschah keine 400 Meter von den UNO-Soldaten entfernt.


Die "Leistung" der westlichen Truppen besteht hauptsächlich darin, das nächtliche Ausgehverbot zu überwachen. Die Stadt befindet sich im Belagerungszustand, mehr und mehr werden die Soldaten als Besatzer wahrgenommen.


Mitte Februar hat ein britischer Wachposten ohne Vorwarnung das Feuer auf ein Taxi eröffnet, als der Fahrer die Lichter einschaltete. Gerade war eine afghanische Familie eingestiegen, um eine 22-jährige schwangere Frau ins Krankenhaus zu fahren.


Der werdende Vater wurde getötet. Die Frau wurde schwer verletzt, ebenso der Fahrer des Taxis.


Die Familie wollte beim nächsten Polizeiposten um eine Eskorte für die nächtliche Fahrt bitten.


Der Bruder des Ermordeten drückt aus, was mittlerweile viele Nachbarn denken: "Sie (die Soldaten) sollten nach der Sharia gerichtet werden.“ Solche Ereignisse können schnell zu einem Bürgerkrieg führen, in dem die Bevölkerung gegen die Besatzung der westlichen Mächte kämpft.

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