Kinder sterben für Profite

Die UN-Sanktionen gegen Irak töten täglich Menschen. US-Konzerne dagegen umgehen sie und machen Gewinne. Bush will den Krieg, um mehr Kontrolle im Nahen Osten zu gewinnen.

"Die härtesten und umfassendsten Sanktionen der Geschichte" – das sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums einmal über die UN-Auflagen gegen Irak. Seit dem 6. August 1990 sind alle Ausfuhren aus Irak verboten. Einfuhren sind auch verboten, bis auf einige medizinische Güter – zu wenige.

500.000 irakische Kinder starben von 1990 bis 1999. Ursachen: Verschmutztes Wasser, fehlende Medikamente und Unterernährung. An allen drei Todesursachen sind die UN-Sanktionen Schuld.


Die Kindersterblichkeit stieg um 160 Prozent. Das ist der höchste Anstieg in allen 188 vom UN-Kinderhilfswerk untersuchten Staaten.


Denis Halliday, der 1997 bis 1998 das UN-Hilfsprogramm für Irak leitete, verurteilte die Sanktionen: "Wir sind dabei, eine ganze Gesellschaft zu zerstören." Er trat aus Protest zurück.


Von 1977 bis 1987 war der Anteil der Analphabeten von 48 Prozent auf 20 Prozent gesunken. Die Bildungsorganisation der UNO erkannte Irak darum international an. 1995 lag der Anteil wieder bei 42 Prozent. Bücher, Papier und Schreibgeräte unterliegen den Sanktionen.


Für eine Reihe von US-Firmen dagegen sind die Sanktionen seit Jahren durchlässig. Sie sichern sich den Zugriff auf die irakische Ölwirtschaft mit Hilfe von Tochterfirmen.


Zum Beispiel die Firma Halliburton. 1995 bestieg der heutige US-Vizepräsident Cheney dort den Chefsessel.


Unter seiner Führung verdiente der Energiekonzern bis 1999 73 Millionen US-Dollar, indem er über die Tochterfirmen Dresser Rand und Ingersoll-Dresser Pump Ausrüstung für die zerstörte Ölindustrie nach Irak brachte.


Über Tochterfirmen in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich lieferte Halliburton neue Ersatzteile, als das Embargo 1998 etwas gelockert wurde.


1999 war Halliburton mit Einnahmen von 14,9 Milliarden US-Dollar die größte Ölservice –Firma und der fünftgrößte Militärzulieferer der USA. Der Konzern mit 100.000 Mitarbeitern in 120 Ländern ist auch der größte tariffreie Konzern der USA.


Halliburton steht für viele andere US-Konzerne, die Interessen im ölreichen Nahen Osten verfolgen. Diese Konzerne schöpfen den Reichtum der Region in Zusammenarbeit mit den korrupten und undemokratischen Regimes ab.


Die massenhafte Armut in diesen Ländern und die überhebliche US-Machtpolitik haben diese Verbindungen erschüttert.


Besonders nach dem 11. September sind die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien, dem Land mit den größten Rohölreserven der Welt, und den USA schlechter geworden. Saudi-Arabien vergibt keine Erdöl-Förderrechte direkt an ausländische Gesellschaften. Die Profite der US-Konzerne sind durch die politische Krise bedroht.


Die zweitgrößten Rohölreserven der Welt besitzt Irak mit 120 Milliarden Barrel. Vielleicht sind es sogar 300 Milliarden Barrel, wie der stellvertretende Ölminister jüngst meinte.


Noch ist Irak den UN-Förderbeschränkungen unterstellt. Eine UN-konforme Regierung in Bagdad könnte die Ölproduktion in fünf Jahren von derzeit fast drei Millionen auf sechs Millionen Barrel am Tag ausdehnen.


Handel mit Husseins Irak ist US-Firmen offiziell verboten. Vertreter der US-Ölmultis ExxonMobil und ChevronTexaco verhandeln bereits mit irakischen Oppositionsgruppen. Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Bush, Rice, ist eine ehemalige Managerin von ChevronTexaco.


Unter einer neuen Regierung wäre Irak wahrscheinlich der erste Staat in der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), dessen Ölindustrie nicht mehr in staatlicher Hand läge.


Vorteile für die US-Regierung: Die Macht der OPEC schrumpft und US-Konzerne können die Erdölförderung in Irak direkt kontrollieren. US-Regierungssprecher Fleischer: "Das Ziel der Vereinigten Staaten ist Regimewechsel – mit oder ohne Inspektoren."


Die US-Armee folgt den US-Konzernen in den Nahen Osten. Der Regimewechsel in Irak ist nur der erste Schritt: "Die USA haben seit Jahrzehnten versucht, eine bedeutendere Rolle in der Golfregion zu übernehmen. Die Bedeutung der amerikanischen Truppenpräsenz geht über den Sturz Saddam Husseins hinaus. Wenn Saddam von der Bildfläche verschwunden ist, stellt Iran eine genauso große Bedrohung für US-Interessen dar, wie Irak", schrieben Vizepräsident Cheney und Militärminister Rumsfeld 2000 in einem Strategiepapier.


Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist das Interesse der US-Regierung auf die rohstoffreichen Staaten Zentralasiens gerichtet. US-Energieminister Abraham war Ende September Ehrengast beim ersten Spatenstich für eine Pipeline von Aserbaidschan in die Türkei.

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