Sie sind acht, wir sind Milliarden

Mehr als hunderttausend Menschen haben am 1. Juni in Evian bei Genf gegen den G8-Gipfel demonstriert. Dort trafen sich die acht mächtigsten Regierungschefs der Welt. Paul McGarr berichtet.

Tage des Protests

Die Demo am Sonntag, den 1. Juni war der Höhepunkt einer Woche voller Diskussionen und Proteste. Tausende haben tagelang bei Annemasse und Genf gezeltet, Hunderte bei Lausanne. Schon am Donnerstag hatten Tausende in Annemasse und Lausanne demonstriert.
Abends und nachts haben die Teilnehmer über die Proteste und über Alternativen zur Weltordnung der G8 gesprochen. Am Freitag folgte eine Demo zum Hauptquartier der Welthandelsorganisation in Genf, während in Genf und Annemasse große Diskussionsrunden gegen die G8 veranstaltet wurden.
Sonntagmorgen zogen dann hunderte Menschen los, um die Brücken über die Rhone zu blockieren, welche die Hotels der Gipfelteilnehmer in Genf und Evian verbinden. Für einige Stunden blieben die fünf wichtigsten Brücken in unserer Hand.

Polizeigewalt beim Gipfel

In den meisten deutschen Medien wird über die Proteste gegen den G8-Gipfel mit Bildern von brennenden Barrikaden und geplünderten Geschäften berichtet. Diese Vorfälle gab es tatsächlich. Aber die Proteste waren zum allergrößten Teil nicht gewalttätig.
Brutal war hingegen die Polizei aus der Schweiz und Deutschland, als sie auch völlig unbeteiligte einheimische Jugendliche schlugen. Die Polizisten stürmten auch einen Zeltplatz und nahmen dabei 400 friedliche Aktivisten fest.
Der Demonstrant Martin Shaw musste sogar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Er hatte sich von einer Brücke auf die Autobahn zwischen Genf und Lausanne abgeseilt, um sie zu blockieren. Die Polizei schnitt das Seil durch und Martin stürzte 20 Meter tief und brach sich mehrere Knochen.
Die französische Polizei setzte Tränengas ein, um eine friedliche Sitzblockade zu beenden.

Selbst in dem abgelegenen Dorf Evian am Genfer See konnten die Staatschefs der acht mächtigsten Staaten dem Protest gegen ihre Politik nicht entfliehen. Viele zehntausend Menschen sind vor und während des G8-Gipfels vom 1. bis 3. Juni auf die Straße gegangen.
Am ersten Tag des Gipfels haben Aktivisten in den nahe gelegenen Städten Genf und Lausanne in der Schweiz und in Annemasse in Frankreich demonstriert.
An der Spitze der Demo in Annemasse sind streikende Lehrer mitgelaufen. Charles Pirroux sagte: "Ich bin hierher gekommen, weil wir wegen der Bildungs- und der Rentenpolitik gegen unsere Regierung kämpfen. Ich hoffe, dass wir einen Generalstreik machen werden.
Aber ich bin auch hier, weil wir uns um Themen wie Schulden und AIDS in Afrika kümmern müssen. Wir sind dagegen, dass Bush und Blair nach ihrem Krieg hierher kommen."
An der schweizerisch-französischen Grenze haben sich die Demonstrationen vereinigt. "Ich bin stolz, dass wir in Genf ein solches Ereignis haben", sagte die Studentin Marie-France Jalbert.
"Meine Freunde und ich haben gegen den Krieg demonstriert. Die Demo heute richtet sich ebenfalls dagegen, aber auch gegen die G8, die nichts gegen die Schulden der Dritten Welt unternehmen."
Über hunderttausend Menschen sind zur größten Demonstration während des Gipfels zusammengekommen, die meisten aus der Gegend von Evian. Junge und Alte, Familien, Gewerkschafter und Rentner haben gemeinsam protestiert und die Delegationen aus anderen Ländern begeistert begrüßt. An vielen Häusern hingen die Friedenfahnen in den Regenbogenfarben, die zum Zeichen der neuen Bewegung geworden sind.
Da die Schweiz nicht in der EU ist, wird die Grenze zu Frankreich normalerweise bewacht. Aber während der Proteste war der Grenzposten verlassen. Die Demonstranten konnten nach Frankreich gehen, ohne kontrolliert zu werden. Einige Menschen sind auf die Posten geklettert und haben auf dem Dach getanzt. Unser Protest hat die Grenze symbolisch aufgelöst.

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