Sozialabbau bringt keine Jobs

Kanzler Schröder behauptet, die Agenda 2010 würde durch Kürzungen Arbeitsplätze schaffen. Das Gegenteil ist richtig.

Standpunkt: Reiche sollen zahlen

Clement schimpft über einen "ausufernden Sozialstaat" den es nicht gibt. Die Ausgaben dafür wachsen nicht schneller als das Vermögen in Deutschland, sondern langsamer.
Doch vor allem die Massenentlassungen der Bosse belasten die Sozialkassen in allen Bereichen. Und diejenigen, die am lautesten über den Sozialstaat jammern, zahlen immer weniger ein: 1980 trugen Unternehmen noch 32 Prozent der Kosten des Sozialstaats, 1997 waren es nur noch 27 Prozent.
Das sind jährlich 32 Milliarden Euro weniger – dazu kommen Geschenke von Rot-Grün, zum Beispiel die Rentenreform. In derselben Zeit haben die Bosse die Arbeitslosigkeit mit Entlassungen mehr als verdoppelt.
Unternehmen zahlen in Deutschland sehr wenig Steuern. Wenn Deutschland die Unternehmen so besteuern würde, wie der Durchschnitt der Länder in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, würde das 30 Milliarden Einnahmen für den Staat bringen.
Auch die Steuern auf Vermögen sind hier niedriger als in anderen Industrieländern wie den USA, Japan, Großbritannien, Frankreich oder Italien. Allein Vermögen- und Erbschaftssteuer können zusammen 20 Milliarden mehr bringen. Mit diesem Geld könnte der Sozialstaat bezahlt werden.

15 Millionen Menschen werden in Deutschland arm sein – doppelt so viele wie heute. Das befürchtet die Nationale Armutskonferenz, falls Schröder mit der Agenda 2010 durchkommt. In der Nationalen Armutskonferenz arbeiten unter anderem Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Kirchen mit. Ihre Vertreter sagen, das Prinzip der Agenda 2010 sei, "die sozial Schwachen zu belasten, um die Reichen zu entlasten".

Arbeitslosengeld: Kürzung schafft keine Jobs

Wirtschaftsminister Clement will das Arbeitslosengeld in Höhe von 60 Prozent des vorherigen Lohnes kürzen. Statt bisher 32 Monate, sollen unter 55-jährige höchstens 12 Monate Geld bekommen, über 55-jährige höchstens 18 Monate. Außerdem soll die darauf folgende Arbeitslosenhilfe von bisher 53 Prozent des vorherigen Lohnes abgeschafft werden.
Das ist für den Staat zwar billiger, bringt aber keinen einzigen Arbeitsplatz. Menschen sind arbeitslos, weil Arbeitsplätze fehlen. Hunderttausende wurden von den Bossen auf die Straße gesetzt.
Jedes Versprechen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wurde von den Konzernchefs gebrochen. Anfang der 80er waren 2 Millionen als arbeitslos registriert, jetzt sind es schon 4,5 Millionen. Insgesamt sind etwa 6,6 Millionen Menschen arbeitslos.
Trotzdem entlassen die Bosse weiter. Der Halbleiterkonzern Infineon beschloss vor kurzem, 900 Arbeiter zu entlassen. 400 Angestellte will die Urlaubsfirma TUI auf die Straße setzen. Die Werft Aker MTW plant die Entlassung von 560 Arbeitern – ein Fünftel der Belegschaft.

Arbeitslosenhilfe: Abschaffen macht arm

Wenn es nach Schröder geht, soll es keine Arbeitslosenhilfe mehr geben. Nach 18 oder 12 Monaten Arbeitslosengeld soll ein Arbeitsloser nur noch Unterstützung auf Sozialhilfeniveau bekommen. Ein lediger Arbeitsloser, der heute noch 765 Euro Arbeitslosenhilfe bekommt, muss dann von 595 Euro im Monat leben. Das ergab eine Studie der Gewerkschaft IG Metall.
Arbeitslose, deren Ehepartner arbeiten, sind noch schlechter dran. Etwa 470.000 Menschen würden gar kein Geld mehr erhalten, weil das Einkommen der Partner höher angerechnet wird – das ist mehr als ein Viertel aller, die heute Arbeitslosenhilfe bekommen.
Ein Verheirateter mit 771 Euro Arbeitslosenhilfe und einem Ehepartner, der monatlich 636 Euro verdient, bekommt nach den Plänen der Regierung nur noch 67 Euro im Monat! Damit löst die Regierung den Schutz vor Arbeitslosigkeit praktisch auf. Wer arbeitet, zahlt ein – bekommt aber fast nichts, wenn er arbeitslos wird.
Die Regierung hat dieses Jahr schon 9,5 Milliarden im Haushalt der Arbeitsämter gekürzt. Finanzminister Eichel sagte dem Handelsblatt: "Vor allem bei der Arbeitslosenhilfe nehmen wir den Leuten richtig Geld weg."

Krankengeld: Entlastung nur für Bosse

Nach den Plänen der Regierung würden die Krankenkassen kein Krankengeld mehr bezahlen. Um es zu erhalten müssten sich Arbeiter dann privat versichern – ohne Beiträge des Arbeitgebers. Das bedeutet eine riesige Umverteilung von unten nach oben.
Letztes Jahr haben Bosse und Arbeiter zu gleichen Teilen 7,8 Milliarden fürs Krankengeld eingezahlt. Eine Privatisierung würde die Bosse jedes Jahr um 3,9 Milliarden entlasten, die wir dann bezahlen müssten. Zudem flösse das Geld durch diesen Plan von den gesetzlichen zu den privaten Krankenversicherungen, die versuchen, mit den Beiträgen der Arbeiter Profit zu machen.

Zuzahlungen: Gesundheit nur für Reiche

Rot-Grün will die Leistungen der Krankenkassen weiter zusammenstreichen. Das bedeutet höhere Zuzahlungen für Medikamente und Behandlungen. Selbst Arztbesuche sollen Gebühren kosten.
Die Politiker sprechen von einer "Kostenexplosion", die es nicht gibt. Gemessen an der deutschen Wirtschaftsleistung sind die Ausgaben fürs Gesundheitswesen seit 1985 etwa konstant. Allerdings sind die Einnahmen der Krankenkassen eingebrochen.
Diese Einnahmen hängen vom Gesamteinkommen der Arbeiter in Deutschland ab. Ihre Reallöhne sind in den letzten 20 Jahren gesunken. Gleichzeitig gibt es immer mehr Arbeitslose, für die der Staat nur wenig Geld in die Krankenkassen einzahlt.
Wären die Löhne genauso gestiegen wie der Wert der in Deutschland produzierten Waren und Dienstleitungen, hätten die Krankenkassen heute 18 Milliarden mehr in den Kassen.

Kündigungsschutz: Noch mehr Arbeitslose

Die Regierung will, dass Betriebe, die mehr als fünf Arbeiter einstellen, keinen Kündigungsschutz geben müssen. Auch Alter und Dauer der Betriebszugehörigkeit sollen nicht mehr vor Kündigung schützen – angeblich um Arbeitsplätze zu schaffen.
Doch in Wirklichkeit verhindert der Kündigungsschutz keine Einstellungen. Jedes Jahr werden rund 4 Millionen Arbeitsverhältnisse gelöst und etwas weniger neu geschlossen. Dabei gibt es am meisten Bewegung in Betrieben mit bis zu zehn Arbeitern – also auch dort, wo es Kündigungsschutz gibt.
Der Abbau des Kündigungsschutzes bedeutet jedoch, dass Arbeiter, die entlassen werden, keine Abfindungen bekommen. Durch die Pläne müssen sich noch mehr Menschen als Leiharbeiter einstellen lassen. Leiharbeiter haben kaum Chancen auf eine feste Stelle und verdienen zudem weniger Geld als ihre Kollegen. Das nützt nur den Bossen.
Schon unter CDU-Kanzler Kohl wurde 1996 der Kündigungsschutz in Betrieben mit bis zu zehn Arbeitern gelockert. Schon damals entstanden keine Arbeitsplätze. Stattdessen strichen die Bosse 130.000 Stellen.

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