Wir müssen Bolkestein stoppen

Die EU-Kommission will heimlich Lohndumping durchboxen. Linksruck sprach mit Thomas Mädel von der WASG in Höxter.


Der Bolkestein-Hammer zertrümmert den Sozialstaat. Mit dieser Aktion haben Attac-Aktivisten in Berlin am 15. Oktober gegen die nach dem ehemaligen Binnenmarktkommissar
Bolkestein benannte EU-Dienstleistungsrichtlinie protestiert

Warum bist du gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie?

Wenn die Dienstleistungsrichtlinie durchkommt, wird Sozialabbau, Lohndumping und massiver Vernichtung von Arbeitsplätzen in ganz Europa Tür und Tor geöffnet.
Das Herkunftslandsprinzip ermöglicht es hiesigen Dienstleistungs-, etwa Abfallbeseitigungsunternehmen, zum Beispiel in Lettland eine Briefkastenfiliale zu gründen, die dann wiederum eine Filiale in Deutschland eröffnet, um Arbeiter hier mit lettischen Niedriglöhnen zu bezahlen.
Selbstständige Fliesenleger, kleine Handwerker und Dienstleister, die höhere Löhne zahlen als in den neuen Beitrittsländern üblich, werden in einen internationalen Unterbietungswettbewerb gedrängt. Die Großkonzerne können machen, was sie wollen. Das muss unbedingt verhindert werden.

Warum ist die Dienstleistungsrichtlinie kein Dauerthema in den Nachrichten?

Nach den europaweiten Protesten am 19. März in Brüssel haben Ex-Kanzler Schröder und andere europäische Regierungen behauptet, die Richtlinie sei vom Tisch. Das stimmt genauso wenig wie die Gerüchte nach dem erfolgreichen Non der Franzosen und dem Nee der Niederländer, dass die EU-Verfassung vom Tisch sei. In Wahrheit will die EU-Kommission die Richtlinie im Januar im EU-Parlament unbemerkt von der Öffentlichkeit durchboxen.
Aber eine neue internationale Protestwelle zeigt, dass sie das kaum schaffen werden: In Deutschland haben am 15. Oktober in rund 20 Städten Aktivisten von Attac, ver.di, WASG, Linkspartei und anderen gegen die Richtlinie protestiert. In ganz Europa fanden Proteste statt, die größten in Rom, wo über 10.000 Menschen demonstriert haben.

Wie habt ihr euch in Höxter an dem Aktionstag beteiligt?

Wir (Aktive von WASG, Linkspartei und dem Bündnis 3-Ländereck) hatten einen gemeinsamen Aktions- und Informationsstand mit 12 Leuten am Markttag.
Unser Ziel war vor allem, Leute zu informieren. Damit kamen wir sehr gut an. Denn außer den Höxteraner Geschäftsleuten, von denen einige auch bei uns unterschrieben haben, wusste kaum einer, was Bolkestein heißt und unsere Regierungen da planen. Wir haben Unterschriften für Protestbriefe an Europaabgeordnete gesammelt, mit denen wir die Abgeordneten unter Druck setzen wollen, gegen die Richtlinie zu stimmen.

Reicht das, um die Richtlinie zu stoppen?

Nein, aber es ist ein Anfang. Doch auch weiterhin sind, unterstützt von Attac, in ganz Europa Protestaktionen geplant, auch in Höxter.
Die Richtlinie und die Proteste werden totgeschwiegen. Unsere Abgeordneten können sich noch eher Gehör verschaffen und so einen wichtigen Beitrag leisten, um aufzuklären. Aber sie allein werden weder Bolkestein, noch den von Merkel und Müntefering angedrohten Sozialabbau stoppen.
Dazu müssen wir noch viel mehr Linke ins Boot kriegen: Aktionsbündnisse und Bürgerinitiativen gegen Sozialabbau und alle, die wollen, dass sich die Lebensbedingungen der Menschen verbessern. In Höxter ist die WASG schon länger an dem Bündnis 3-Ländereck beteiligt.

Woher nimmst du deinen Optimismus?

Ich habe vor einigen Wochen in alten Unterlagen ein Plakat der KPD von 1923 wieder gefunden, auf dem ein Stahlarbeiter abgebildet ist. Darauf steht: „Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still“.
Das gilt noch immer. Wenn sich die Arbeiterklasse in Europa vereinigt und für ihre Rechte eintritt, ist es für das europäische Kapital und die nationalen Regierungen schwieriger, diese zu beschneiden. Das haben die Elektrolux-Arbeiter mit ihrem europaweiten Streik in Solidarität mit den Arbeitern im Nürnberger AEG-Werk gezeigt.
Uns in Deutschland dürfen die Arbeiterin in Sheffield und der Müllmann in Riga nicht egal sein. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, dass die Niedriglöhne in den neuen Beitrittsländern an das höhere westliche Niveau angepasst werden anstatt umgekehrt.

Hintergrund: Keine Billiglöhne durch die Hintertür | Unser Standpunkt: Eine Frage der Stärke Nein zum Europa der Konzerne!
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