Weltjugendtag: Arm sein verboten

Hunderte Gläubige dürfen nicht zum katholischen Weltjugendtag, weil sie in der Dritten Welt leben. Das Essen kommt von einem Konzern, der auch Abschiebelager beliefert.

„800.000 Jugendliche aus 160 Nationen“, kündigen Plakate in Köln den Weltjugendtag (WJT) der katholischen Kirche an. Ob wirklich so viele kommen können, ist unklar.

Viele Gäste aus armen Ländern wie Sierra Leone oder den Philippinen haben kein Visum erhalten. Das Außenministerium fürchtet, sie könnten in Deutschland bleiben wollen und fordert Einkommensnachweise.

Der Limburger Bischof Franz Kamphaus hält das zu Recht für einen Skandal. Christen, die sonst „für offene Grenzen eintreten“, dürften nun Europa nicht zur Festung machen.

„Was ist das für ein Weltjugendtag, zu dem nur Jugendliche aus Industriestaaten kommen können oder Kinder von reichen Eltern“, sagte Jochen Proske, Hamburger Diözesanreferent des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend.

Kurz vor der Eröffnung bezeichnete Kardinal Lehmann den WJT als „Globalisierung konkret“. Dass Papst Benedikt XVI. eine Synagoge besuchen wird, sah er als „weiteren Brückenschlag“ zwischen Christen und Juden.

Brücken zwischen Christen und Muslimen schlagen die WJT-Organisatoren hingegen nicht. Als die Muslimin Fikriye Sengül aus Bergisch Gladbach zwei Übernachtungsmöglichkeiten für Teilnehmer des WJT anbot, kam zunächst keine Antwort, obwohl Unterbringungsplätze fehlen.

Der Türkisch-Islamische Kulturverein in Niederkassel bot die Mehrzweckhalle unter seiner Moschee als Bettenlager an. Für den Vereinsvorsitzenden Niyazi Ileli ist das selbstverständlich: „Die Pilgerfahrt ist für uns Muslime etwas ganz Zentrales, und wenn christliche Jugendliche so etwas machen, dann unterstützen wir das sehr gerne.“ Auch diese Hilfe genehmigte das WJT-Büro erst nach langem Zögern.

Christian Weisner von der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ kritisiert die Abgeschlossenheit der Veranstaltung. Der letzte Papst Johannes Paul II. habe als Ziel der Weltjugendtage genannt, dass die Kirche zuhören wolle, was die Jugend ihr zu sagen habe, sagte Weisner.

„Aber bei brisanten Themen wird das nur ein sehr eingeschränkter Dialog sein.“ Gespräche über Sexualität, Verhütung oder Frauen als Priester würden nicht organisiert. Dennoch komme zu den Weltjugendtagen nicht nur die „Papstjugend“.

Weisner kritisiert auch die Kosten des WJT von 100 Millionen Euro. Davon zahlen der Bund 7,5 Millionen, das Land Nordrhein-Westfalen 3 Millionen und die EU 1,2 Millionen. Die Stadt Köln gibt zusätzlich 3 Millionen für Infrastruktur aus. Dadurch müssen alle Steuerzahler den Weltjugendtag mitfinanzieren, egal ob sie ihn unterstützen, kritisieren oder unwichtig finden.
Der Vatikan zahlt nichts. Die deutschen Bistümer geben nur Darlehen.

Mit der Verpflegung der Gläubigen wurde der Konzern Sodexho beauftragt. Das Unternehmen betreibt auch privatisierte Gefängnisse, versorgt US-Soldaten in Irak und beliefert Abschiebungslager.

Das „Berliner Büro für Gleiche Rechte“ hatte vom WJT-Büro eine Stellungnahme zu der Forderung erbeten, nicht mehr mit Firmen zusammenzuarbeiten, die an Unterdrückung und Kriegen verdienen. Als keine Antwort kam und ein Mitarbeiter des Büros telefonisch nachfragte, erfuhr er, „dass der Weltjugendtag nicht an unserer Kritik interessiert ist“.

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