Versprechen ohne Wert

Wenn Unternehmen und Regierungen für Arbeitsplätze eine „Garantie“ geben, ist diese nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht.


Oktober 2004 bei Opel Bochum: General Motors will das Werk schließen, obwohl die Gewerkschaft zuvor einen Sparplan gegen Jobgarantie akzeptiert hatte

8 Prozent weniger Lohn, dafür sichere Jobs bis 2020, das hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit der Landesregierung für die Angestellten der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) ausgehandelt. Bisher haben solche Vereinbarungen den Arbeitern selten genützt, beispielsweise bei Opel.

General Motors, der Besitzer von Opel, zwang den Arbeitern in Bochum immer wieder Sanierungspläne auf. Jedes Mal stimmte die Gewerkschaft zu, einen Teil der Arbeitsplätze zu streichen, um die restlichen „garantiert“ zu bekommen.

So vernichtete General Motors in 12 Jahren über 10.000 Stellen. Im Oktober letzten Jahres kündigte der Konzern an, das Werk zu schließen.

Die Kollegen wehrten sich mit einem Streik, ohne dass die Gewerkschaftsführung sie unterstützte. General Motors versprach, das Werk zu erhalten, wenn weitere 7000 Kollegen für eine Abfindung die Firma verlassen.

Der Konzern hat die Arbeitsplatzgarantien nicht eingehalten, weil die weltweite Konkurrenz ihn immer wieder unter Druck setzte, die Kosten zu senken. Der linke ver.di-Gewerkschafter Bernd Riexinger glaubt, dass viele Gewerkschafter noch nicht erkannt haben, wie scharf diese Konkurrenz ist, und deshalb den Arbeitsplatzgarantien zu Unrecht vertrauen.

Viele Kollegen hoffen, die vereinbarten Ansprüche der Arbeiter erhalten zu können. Auch wenn die Bedingungen schlechter sind als während des westdeutschen „Wirtschaftswunders“ in den 60er Jahren.

Doch Riexinger meint: „Die Gegenseite, das Kapital, kündigt unter den geänderten ökonomischen Bedingungen den Nachkriegskonsens auf und kehrt zurück zum offenen Klassenkampf.
Die Gewerkschaften haben keine andere Chance, als ebenfalls auf die Grundlinie zurückzukehren und in einem sehr grundsätzlichen innergewerkschaftlichen Diskurs ihre Mitglieder und Funktionäre für diese strategische Perspektive zu gewinnen.“

Als Arbeiter im 19. Jahrhundert erstmals Gewerkschaften gründeten, schrieb der Revolutionär Friedrich Engels: „Wenn der einzelne Arbeiter mit dem Kapitalisten handelseins zu werden versucht, wird er leicht geschlagen und muss sich ihm auf Gnade und Ungnade ergeben; wenn aber die Arbeiter eines ganzen Gewerbes eine mächtige Organisation bilden, unter sich einen Fonds sammeln, um imstande zu sein, den Unternehmen nötigenfalls die Stirn zu bieten, und sich dadurch in die Lage versetzen, als eine Macht mit den Unternehmern zu verhandeln, dann, und nur dann, haben die Arbeiter Aussicht, wenigstens das bisschen zu erhalten, das bei der ökonomischen Struktur der gegenwärtigen Gesellschaft als ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk bezeichnet werden kann.“

Im 21. Jahrhundert ist die internationale Konkurrenz viel stärker ausgeprägt als zu Engels’ Zeiten. Heute müssen die Arbeiter eines ganzen Gewerbes eine weltweite Organisation bilden, um eine Chance zu haben.

So lange sich die Gewerkschaften auf einzelne Staaten beschränken, können sie die Interessen der Arbeiter nicht dauerhaft verteidigen. Deshalb beteiligen sich viele Gewerkschafter seit Jahren an der weltweiten globalisierungskritischen Bewegung.

Die Unterstützung von Gewerkschaftern für die Europäischen Sozialforen in Florenz, Paris und London war wichtig, um gemeinsam gegen Angriffe auf Löhne und den Sozialstaat vorzugehen.

Aber um den Lohnabbau langfristig zu verhindern, muss diese Bewegung auch in die Betriebe getragen werden. Die Kollegen von Opel Bochum hätten die Autoproduktion von General Motors in ganz Europa stilllegen können, wenn sie wenige Tage länger gestreikt hätten. Die Globalisierung der Wirtschaft stärkt nicht nur die Konzerne. Sie verleiht auch den Arbeitern größere Macht, sich zu wehren.

Für eine Garantie von Arbeitsplätzen können die Gewerkschaften nur selbst sorgen. Wenn sie ihre Macht gegen die Unternehmen einsetzen.

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