Europäer bekämpfen EU

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel vom 20. bis 23. März werden die Regierungen unsoziale und kriegerische Politik vorantreiben. Zehntausende werden demonstrieren.


Gewerkschafter protestiert beim Europäischen Aktionstag am 3. April 2004 gegen Sozialabbau

Am 19. März wird eine große Demonstration gegen den Sozialabbau und die Kriegspläne der EU durch die Brüssler Straßen ziehen. Schon vor fünf Jahren haben die EU-Staaten in Lissabon beschlossen, die Union bis 2010 zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsstandort“ zu machen. Das ist eine Kampfansage an ihren größten Konkurrenten USA.

Der so genannte Lissabon-Prozess führt zu einem Wettlauf um die niedrigsten Löhne und den schlechtesten Sozialstaat. Das zeigt in Deutschland Schröders „Agenda 2010“, das größte Sozialabbauprogramm seit 1945.

Ein anderes Beispiel ist die Dienstleistungs-Richtlinie der EU, die in Brüssel ausgearbeitet wird. Danach darf jedes Unternehmen in der ganzen EU Dienstleistungen anbieten und Löhne und Arbeitsbedingungen auf die Mindeststandards des Herkunftslands festlegen.

Beispielsweise kann eine deutsche Bank eine Firma in Portugal gründen, die ihren Angestellten in Deutschland den portugiesischen Mindestlohn zahlt. Dadurch drohen allen Europäern weniger Gehalt und weniger Rechte am Arbeitsplatz.

Eine andere Folge des Lissabon-Prozesses ist die EU-Verfassung, über die es dieses Jahr in vielen Ländern Volksabstimmungen gibt. In der Verfassung steht, dass die EU eine „auf militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen“ erlangen soll.

Weiter heißt es: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.“ Eine „Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung“ wird die Aufrüstung überwachen.

Außerdem verpflichtet die Verfassung zum „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ und zu einer Beschäftigungspolitik, die sich an den „Grundzügen der Wirtschaftspolitik“ orientiert, durch die schon heute Millionen Menschen arbeitslos sind.

Indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer werden „angeglichen“ was in Deutschland zu einer Anhebung führt. Direkte Steuern wie Unternehmenssteuern bleiben hingegen den einzelnen Regierungen überlassen, was diese zu einer Konkurrenz um die niedrigsten Steuern für Konzerne zwingt.

Diese dürfen ihre Geschäfte über Ländergrenzen hinweg betreiben. Die Verfassung sieht jedoch kein Recht auf gemeinsamen Streik für Gewerkschaften aus verschiedenen Ländern vor. Unternehmen dagegen wird das Recht auf Aussperrung von Arbeitern in der ganzen EU garantiert.

In Brüssel werden die Regierungen über die Halbzeitbilanz des Lissabon-Prozesses sprechen. Die beschlossenen Maßnahmen reichen ihnen nicht, weil die USA noch die stärkste Wirtschaftsmacht sind.

Der luxemburgische Premierminister Juncker hat vor kurzem erklärt, der Prozess sei „im Grunde genommen ein Desaster“. Als Grund nannte der EU-Ratsvorsitzende, dass die Regierungen diese Ziele bisher nicht ausreichend umsetzen konnten.

Denn viele Menschen in Europa sind gegen Sozialabbau und Krieg. In Frankreich haben Arbeiter gegen die Verlängerung der Arbeitszeit gestreikt. In Deutschland ist die Regierung wegen des Sozialabbaus sehr unbeliebt.

Laut Umfragen könnte die Verfassung bei den Volksabstimmungen in Frankreich und Dänemark abgelehnt werden. Immer mehr Menschen wollen sich gegen die Angriffe der Bosse und Regierungen wehren. Auch der Europäische und der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützen den Aufruf des Europäischen Sozialforums vom Oktober, am 19. März in Brüssel zu demonstrieren.

Außerdem jährt sich am 20. März zum zweiten Mal der Beginn des US-Krieges gegen den Irak. In Großbritannien, den USA und vielen Ländern auf der ganzen Welt gehen an diesem Tag hunderttausende gegen die Besatzung und Unterdrückung im Irak auf die Straße. Die Bewegung für eine solidarische, friedliche und gerechte Welt kann eine neue Supermacht werden.

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