Das wird Bushs Vietnam

Die Wahl im Irak dient der US-Regierung dazu, die Kontrolle zu behalten, meint der Exil-Iraker Rashid Al-Nasr.

Irak-Konferenz

Um das Leben unter der Besatzung, die politischen und religiösen Gruppen im Irak und den Widerstand wird es auch auf der internationalen Irak-Konferenz am 12. März in Berlin gehen. Verschiedene Gruppen der Friedensbewegung laden alle Interessierten ein, sich zu informieren und mitzudiskutieren.
Mehr Infos im Internet oder bei Klaus von Raussendorff unter der Nummer: 0 22 8/34 68 50

US-Präsident Bush sagt, er wolle eine Demokratie im Irak gründen. In Wirklichkeit verbirgt sich hinter diesem Wort aber eine neue Tyrannei.

Keine irakische Regierung hat das Recht, Gesetze aufzuheben, welche die Besatzungsbehörden erlassen haben. Die militärische Herrschaft über den Irak liegt weiterhin bei den USA, wie auch die Kontrolle der Ölquellen und der finanziellen Hilfe aus dem Ausland.

Die USA bauen gerade 17 Militärbasen und Flugplätze im Irak aus. Bush will sich den Irak sichern, aber er steckt in einem Dilemma: Wie lange kann er sich den Krieg noch leisten?

Krieg und Besatzung kosten die US-Regierung pro Woche 1 Milliarde US-Dollar. Und er weiß: Wenn er den Irak verliert, verliert er die führende Rolle in der Welt.

Der Irak könnte Bushs Vietnam werden. Darum suchen die USA jetzt nach einem Weg, wie sie abziehen können, ohne zu verlieren. Ein Szenario sieht so aus, dass die Besatzungsbehörden mit schiitischen Gruppen zusammenarbeiten.

Darum sind die schiitischen Geistlichen Al-Sistani und Al-Sadr dafür gewesen, sich an der Wahl zu beteiligen, obwohl sie anfangs drohten, sie zu boykottieren.

Andere Szenarien könnten bedeuten, dass die Besatzungsbehörden Macht an sunnitische Gruppen verlieren. In der arabischen Sprache gibt es ein Sprichwort: „Die süßeste Lösung ist bitter“. In diesem Dilemma steckt Bush.

Nun muss er verhindern, dass sich Schiiten und Sunniten trotzdem gegen die Besatzung vereinen. Die US-Regierung versucht deshalb, die Iraker gegeneinander auszuspielen. Sie will lieber Bürgerkrieg als einen erfolgreichen Aufstand gegen die US-Armee. Die Gefahr besteht tatsächlich.
Die USA unterstützen kurdische und schiitische Gruppen. Sie haben die Wahl gegen den Willen vieler Sunniten durchgesetzt. Das schürt Hass unter den Volksgruppen. Diese religiösen und ethnischen Unterschiede waren weniger wichtig, bevor Hussein 1979 Diktator wurde.

Er vergab alle wichtigen Ämter an Sunniten, obwohl 60 Prozent der Iraker Schiiten sind. Doch selbst in Husseins Baath-Partei waren mehr Schiiten als Sunniten. In der Kommunistischen Partei waren Schiiten, Sunniten und Kurden zu gleichen Teilen vertreten. Das war nicht viel wichtiger als in Deutschland der Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten.

Die gemeinsame Geschichte der Iraker ist älter als die Geschichte des Islam und seiner unterschiedlichen Ausrichtungen. Die Iraker haben ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Die politischen Kräfte unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Haltung zu den Besatzern. Einige wenige unterstützen die Besatzung. Dazu gehören vor allem zwei kurdische Parteien, die Partei des Ministerpräsidenten Allawi und der „Irakische Nationalkongress“ des früheren Spitzels der US-Regierung Tschalabi.

Die zweite Gruppe sind kommunistische, nationalistische und religiöse Parteien, die passiven Widerstand gegen die Besatzung leisten und die Wahlen unter Herrschaft der USA boykottieren. Sie gestehen den Irakern das Recht zu, die Besatzer zu bekämpfen, tun es aber nicht selbst.
Drittens gibt es Parteien, die bewaffnet Widerstand leisten. Auch dazu zählen verschiedene kommunistische, nationalistische und religiöse Parteien.

In allen drei Gruppen gibt es sowohl Sunniten als auch Schiiten und Menschen, denen ihre Religion egal ist. Leider sind die Besatzer inzwischen teilweise erfolgreich damit, die religiösen Spaltungen zu vertiefen. Würden die Besatzer aber abziehen, könnten die Iraker sich gemeinsam um die Zukunft ihres Landes kümmern.

Rashid Al-Nasr ist aus dem Irak nach Deutschland gezogen. Er war Mitglied der Baath-Partei, bevor er unter Hussein 16 Jahre im Gefängnis saß. Rashid war zuletzt im August im Irak und plant gerade eine weitere Reise. Weil ihm dort die Verfolgung der US-Besatzung und des irakischen Staates droht, hat die Redaktion seinen Namen geändert.

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